katarrh

Tiefflieger im Naziwald

In einem Kiefernwald südöstlich der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern bauten böse Nazis vor zig Jahrzehnten Treppenhäuser, um diese nach ihrer Fertigstellung anschließend direkt mit schwerem Geschütz mehr oder weniger wieder kaputtzuballern. Was Herrenmenschen halt so machen.

M., D., A. und ich schleppen uns dorthin, einem langen, sandigen Waldweg folgend, die Hitze erdrückt uns durch ihre bleierne Schwere. Der Wald erstreckt sich in monotonem Horror vor uns, nur Kiefern, Kiefern und Kiefern, einzig ein paar Blaubeersträucher am Wegesrand stellen eine mickrige Abwechslung dar. Als ich einige der unangenehm warmen Beeren pflücke und dabei vom Weg abweiche, ruft M. mir zu, ich solle sofort, aber sofort auf den Weg zurückkehren, das sei jetzt kein Spaß. Der Grund ist, ab hier hängen an einigen Bäumen Schilder: „Munitionsbelastetes Gebiet. Lebensgefahr!“
Eingeschüchtert folge ich also weiter der staubigen Schneise, nun wage ich es nicht einmal mehr zu husten, alles könnte dadurch hochgehen. Wir halten an einem Strauch an, auf dem sich eine Libelle niedergelassen hat, D. möchte sie fotografieren. Ein großer Fehler, denn nun haben alle Insekten dieses Waldes, die stechen, beißen und sonstwie in der Lage sind, mit garstigem Mundwerkzeug die menschliche Haut zu malträtieren, genug Zeit, um sich um und auf uns zu versammeln, sie pieksen, sägen und saugen. Wir wedeln und klatschen Mücken und Bremsen weg, Blut spritzt dabei in erstaunlichem Ausmaße, alles juckt und schwillt an, der Wald ist erfüllt von widerlichem Geschmatze der schwirrenden Monster, die uns den Lebenssaft nehmen und die Libelle sieht dabei mit ihren trüben, monströsen Facettenaugen zu. Wir müssen stetig in Bewegung bleiben, um dem Vampirungeziefer weniger Möglichkeiten für den punktgenauen Angriff zu bieten. Das aber bitte auf dem Weg, sonst bumm.
Bedauerlicherweise führt jedoch zu den Naziruinen nur ein schmaler, krummer Trampelpfad mitten durch das munitionsbelastete Gebiet, ich schwitze und schwitze (vor Angst und wegen der Hitze), jederzeit kann durch einen Fehltritt ein rostiges Mordwerkzeug im Untergrund aktiviert werden. Wir sehen grässliche Ungetüme aus Beton, in eine Wand wurde, der Dimension der Delle nach zu urteilen, mit etwas sehr Großem geschossen. Wir halten uns nur kurz dort auf, wie gesagt, in Bewegung bleiben ist die Devise, auf dem Rückweg streift eine Brennnessel mein ohnehin durch Insektenstiche geplagtes Bein und danach folgt die Explosion, die juckende Schmerzexplosion. Zurück auf dem Hauptweg rast auf einmal M. an mir vorbei, verfolgt von einem aggressiven Schwarm Bremsen. Sie rennt, wedelt und schlägt um sich, es gleicht einem grotesken Hexentanz und ich, mit meiner Mütze um mich schlagend, passe meine Geschwindigkeit der ihren an, mit Grausen denke ich an die durch misslungene Naziexperimente missgebildeten und wütenden, sehr wahrscheinlich blutdürstigen Kreaturen, die in der sich in vielen Stunden anbrechenden Dunkelheit zahlreich aus den dunklen Löchern im Forstboden kriechen werden.
Irgendwie schaffen wir es alle ohne Killerinsekten ins Auto zu gelangen; am Abend sehe ich dabei zu, wie es unter meiner hühnereigroßen Schwellung am Unterarm rumort, es scheint, als bewegten sich dort die Beine eines großen Insektes, das bald von innen mein Fleisch und die Haut aufreißen wird, um Blutfontänen hinter sich versprühend über das nächste Opfer herzufallen.


Eine Arschlochwand (Symbolbild)

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Spazierengehen – aber richtig gemacht

Ich lustwandle zum Jungfernstieg, auf dem eine Menge Leute herumstehen, wie sie aussehen, weiß ich nicht, denn ich halte weit mehr als den erforderlichen Sicherheitsabstand ein und außerdem ist es bereits recht dunkel geworden, deswegen wohl tragen einige Lichterketten an ihren Körpern; sie hören gebannt einem Redner zu. Ich beschließe, es ihnen für zwei, drei Minuten gleichzutun und erfahre, wir werden bald alle sterben. Nein, nicht alle, nur die Geimpften versteht sich, in jedem Fall wird aber schon sehr bald eine Anzahl an Menschen, wie die Stadt soundso (vergessen; ich bin ein ein unkonzentrierter wie schlechter Zuhörer) Einwohner hat, das Zeitliche gesegnet haben. Sie haben Beweise dafür und sammeln diese für ein oder in einem Buch, welches bald erscheinen wird und er, der Redner, sei zusammen mit einem Backdi oder so ähnlich, einem Professor Fuckoff oder so ähnlich und noch einigen anderen in einem Team. Als er gerade mit drohendem Unterton in der Stimme sagt: „Die Lage ist so ernst wie noch nie!“ entscheide ich, ich muss etwas tun (nach Hause gehen).
Auf dem Weg stelle ich nur ein paar wenige Meter weiter fest, die Autoposer können hier ungestört von der Polizei ihrem Hobby nachgehen oder -fahren, dröhnend brattern sie mit ihren Lambos, Ferraros und Mercedos an mir vorbei, um einige Autolängen vor mir mit ihren fünf, sechs Metallschüsseln anzuhalten, um auszusteigen und kollektiv laut strahlend an eine Hecke zu brunzen. Ein Streifenwagen fährt vorbei, der macht aber nichts, sicher haben die sich drinnen befindenden Beamten Angst.
Kurz vor dem Heiligengeistfeld rast ein Krankenwagen mit Blaulicht an mir vorbei, das Hündchen neben mir mit Oma am anderen Ende der Leine beginnt, animiert durch das Tatütata, wie ein Wolf den Mond anzuheulen (keine Ahnung, ob heute ein Mond zu sehen ist, es handelt sich hierbei lediglich um ein herausragendes Stilmittel).

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Aus einem noch scheißeälteren Kalender: 11/12 1997


Subtile Kritik an einem Finanzminister, wie sie schon 1997 im Kalender stand: pfiffig, frech und bloß nicht zu böse


Eine gesellschaftskritische Kritzelei beendete dann das Jahr, das grammatikalisch fragwürdige Wort „was“ an der Stelle wurde wahrscheinlich mit Absicht so gewählt, um dem Betrachter die raue Sprache der Straße näherzubringen

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Negativ oder positiv

Das Negative oder – je nach Sichtweise – Positive an kindgerechtem Naschwerk ist, ich kann jetzt dank ausgebliebener Hexenzombievampirwhateverkinder bis in alle Ewigkeit mit der Hand in die Untiefen der großen Süßigkeitenschüssel eintauchen und werde die „Dinger mit was drin“ doch nicht finden.

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Lieber Biomarkt

Ich stand im Biomarkt bei den Eiern, als mich ein älterer Herr mit stoffverzerrter Stimme fragte: „Ist das hier ein Biomarkt?“
Konzentriert auf die Eier starrend, das heißt, ohne aufzusehen, erwiderte ich, selbstverständlich ebenso stoffverzerrt: „Mm-h-mm.“
„Wissen Sie, ob es hier Zitronennudeln gibt?“, fragte er anschließend, jedenfalls verstand ich das so, Missverständnisse sind wegen der Mundnasenschutztragerei nicht ausgeschlossen (Zitronennudeln?!).
„Nä, weiß ich nicht“, lautete meine wahrheitsgemäße Antwort, ohne den Blick von den Eiern abzuwenden.
Er zog daraufhin von dannen, „Dann will ich mal nicht weiter stören“ und noch andere Dinge, die ich nicht ausmachen konnte, vor sich hin murmelnd. Möglicherweise ärgerte er sich halblaut über meine scheinbare Unfreundlichkeit, dabei handelt es sich aber nur um eine Vermutung.

Erst später ging mir auf, der Herr könnte mich zum Zeitpunkt seiner an mich gerichteten Frage für einen Mitarbeiter des Marktes gehalten haben, da ich gerade die Eier am Umsortieren war, sie einzeln aus den großen Kartons in eine noch leere Zehnerpackung bewegte und einen leer gewordenen Karton sorgsam unten auf dem Boden an den Tisch lehnte und so weiter.
Seitdem klicke ich im Internet auf der Bewertungsseite des Biomarktes panisch im Sekundentakt auf den Refreshbutton, ob es eventuell Beschwerden über einen arg unhöflichen Mitarbeiter gegeben hat. Dann müsste ich nämlich einschreiten, denn ich will doch nur dein Bestes, lieber Biomarkt.

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Aus einem noch scheißeälteren Kalender: 09 1997


Nur weil mir für September ’97 nichts besseres einfiel, als irgendwie einen klischeedummen Gesellen mit einem faden Wortspiel zu verwursten, bedeutet das noch lange nicht, dass ich dies wirklich hätte tun sollen. Immerhin, „KRITSCH KRITSCH“ gefällt mir ganz gut.

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