Ich lustwandle zum Jungfernstieg, auf dem eine Menge Leute herumstehen, wie sie aussehen, weiß ich nicht, denn ich halte weit mehr als den erforderlichen Sicherheitsabstand ein und außerdem ist es bereits recht dunkel geworden, deswegen wohl tragen einige Lichterketten an ihren Körpern; sie hören gebannt einem Redner zu. Ich beschließe, es ihnen für zwei, drei Minuten gleichzutun und erfahre, wir werden bald alle sterben. Nein, nicht alle, nur die Geimpften versteht sich, in jedem Fall wird aber schon sehr bald eine Anzahl an Menschen, wie die Stadt soundso (vergessen; ich bin ein ein unkonzentrierter wie schlechter Zuhörer) Einwohner hat, das Zeitliche gesegnet haben. Sie haben Beweise dafür und sammeln diese für ein oder in einem Buch, welches bald erscheinen wird und er, der Redner, sei zusammen mit einem Backdi oder so ähnlich, einem Professor Fuckoff oder so ähnlich und noch einigen anderen in einem Team. Als er gerade mit drohendem Unterton in der Stimme sagt: „Die Lage ist so ernst wie noch nie!“ entscheide ich, ich muss etwas tun (nach Hause gehen).
Auf dem Weg stelle ich nur ein paar wenige Meter weiter fest, die Autoposer können hier ungestört von der Polizei ihrem Hobby nachgehen oder -fahren, dröhnend brattern sie mit ihren Lambos, Ferraros und Mercedos an mir vorbei, um einige Autolängen vor mir mit ihren fünf, sechs Metallschüsseln anzuhalten, um auszusteigen und kollektiv laut strahlend an eine Hecke zu brunzen. Ein Streifenwagen fährt vorbei, der macht aber nichts, sicher haben die sich drinnen befindenden Beamten Angst.
Kurz vor dem Heiligengeistfeld rast ein Krankenwagen mit Blaulicht an mir vorbei, das Hündchen neben mir mit Oma am anderen Ende der Leine beginnt, animiert durch das Tatütata, wie ein Wolf den Mond anzuheulen (keine Ahnung, ob heute ein Mond zu sehen ist, es handelt sich hierbei lediglich um ein herausragendes Stilmittel).
katarrh
Aus einem noch scheißeälteren Kalender: 11/12 1997
Subtile Kritik an einem Finanzminister, wie sie schon 1997 im Kalender stand: pfiffig, frech und bloß nicht zu böse
Eine gesellschaftskritische Kritzelei beendete dann das Jahr, das grammatikalisch fragwürdige Wort „was“ an der Stelle wurde wahrscheinlich mit Absicht so gewählt, um dem Betrachter die raue Sprache der Straße näherzubringen
Negativ oder positiv
Das Negative oder – je nach Sichtweise – Positive an kindgerechtem Naschwerk ist, ich kann jetzt dank ausgebliebener Hexenzombievampirwhateverkinder bis in alle Ewigkeit mit der Hand in die Untiefen der großen Süßigkeitenschüssel eintauchen und werde die „Dinger mit was drin“ doch nicht finden.
Lieber Biomarkt
Ich stand im Biomarkt bei den Eiern, als mich ein älterer Herr mit stoffverzerrter Stimme fragte: „Ist das hier ein Biomarkt?“
Konzentriert auf die Eier starrend, das heißt, ohne aufzusehen, erwiderte ich, selbstverständlich ebenso stoffverzerrt: „Mm-h-mm.“
„Wissen Sie, ob es hier Zitronennudeln gibt?“, fragte er anschließend, jedenfalls verstand ich das so, Missverständnisse sind wegen der Mundnasenschutztragerei nicht ausgeschlossen (Zitronennudeln?!).
„Nä, weiß ich nicht“, lautete meine wahrheitsgemäße Antwort, ohne den Blick von den Eiern abzuwenden.
Er zog daraufhin von dannen, „Dann will ich mal nicht weiter stören“ und noch andere Dinge, die ich nicht ausmachen konnte, vor sich hin murmelnd. Möglicherweise ärgerte er sich halblaut über meine scheinbare Unfreundlichkeit, dabei handelt es sich aber nur um eine Vermutung.
Erst später ging mir auf, der Herr könnte mich zum Zeitpunkt seiner an mich gerichteten Frage für einen Mitarbeiter des Marktes gehalten haben, da ich gerade die Eier am Umsortieren war, sie einzeln aus den großen Kartons in eine noch leere Zehnerpackung bewegte und einen leer gewordenen Karton sorgsam unten auf dem Boden an den Tisch lehnte und so weiter.
Seitdem klicke ich im Internet auf der Bewertungsseite des Biomarktes panisch im Sekundentakt auf den Refreshbutton, ob es eventuell Beschwerden über einen arg unhöflichen Mitarbeiter gegeben hat. Dann müsste ich nämlich einschreiten, denn ich will doch nur dein Bestes, lieber Biomarkt.