katarrh

Große Dialoge am Marktstand

Kundin: „Da hinten, mit den Pistazien drauf, was ist das für eine Creme?“
Verkäuferin: „Das ist Pistaziencreme!“

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Leben und Sterben im SUV

A. parkt das Auto am rechten Straßenrand ab, hinter uns steht mit ca. einem Meter Abstand ein dicker SUV. Als ich austeige, bemerke ich einen alten Mann, der hinter dem Steuer seines Großwagens sitzt, er starrt mich mit großen Boomer-Augen an. Während A. im Kleinwagen Dinge sortiert und ich dem Kofferraum leere Einkaufstaschen entnehme, glotzt er mich weiter an, ich kann seinen Blick eiskalt im Nacken spüren. Als A. schließlich ausgestiegen ist, spricht der alte Mann sie durch sein nun geöffnetes Seitenfenster an: Er könne so nicht ausparken, sie möge doch bitte etwas weiter vorfahren. Wie erwähnt, beträgt der Abstand zwischen seinem Fahrzeug und unserem ca. einen Meter, fassungslos verdrehen wir die Augen, denn mit alten weißen Männern ist es unmöglich zu diskutieren und aus Angst, er könne beim Ausparken mit seinem Riesenauto in unserem Smart eine kleinwagengroße Delle hinterlassen, steigt A. wieder ein, fährt weiter vor und wartet, damit sie nach seinem Ausparkvorgang anschließend wieder zurücksetzen kann, denn so wie jetzt steht sie zu nah an einem Fußgängerüberweg, doch der Herr macht keine Anstalten loszufahren. Wir warten, er startet jedoch immer noch nicht den Motor, schließlich hat er mit keinem Wort erwähnt, er wolle dies sofort erledigen. Also wendet A. genervt und parkt auf der anderen Straßenseite.
Als wir uns vom Auto entfernen, sehen wir, wie drüben ein Fahrzeug eines Paketzulieferers rückwärts vor den SUV in die große Lücke hineinfährt, es kommt schließlich mit geringerem Abstand zum SUV zum Stehen als wir vorher. Gestisch und mimisch bringen wir unsere Häme zum Ausdruck und verhöhnen so den Mann, was mir im Nachhinein ungerecht erscheint, denn der arme Alte kann das alles sicher nicht fassen, die Gesamtsituation überfordert ihn, er versteht die Welt nicht mehr, nie wieder wird es ihm gelingen, sich mit seinem Fahrzeug aus dieser Lücke herauszuwinden, er wird jämmerlich darin ein- und zugrunde gehen, und eines Tages wird sein kleiner, schrumpeliger, nur noch wenige Gramm wiegender Leichnam in dem tonnenschweren PKW vorgefunden werden.

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Die 3-Klopapierrollen-Regel (Nachtrag des Kreta-Urlaubtagebuchs von 2023)

17.05.

Am Tag zuvor gab es ein Problem: K. und W. waren etwas nervös, weil sie schon seit längerer Zeit versucht hatten, sich mit dem Vermieter ihrer Unterkunft, die sich neben der unseren befindet, in Verbindung zu setzen, diesen aber nicht erreichen konnten und er sich auch nicht zurückmeldete. Sie wollten sich nochmal rückversichern, ob die Buchung ihres Zimmers erfolgreich war, sie hatten hierzu Monate zuvor lediglich irgendeine knappe WhatsApp-Nachricht erhalten.
Also rief ich gestern aus Deutschland unseren Gastwirt M. auf Kreta an. Nach dem Austausch der üblichen Höflichkeitsfloskeln, ihm ginge es „perfect“, mir „very fine“ usw., fragte er mich, was ich eigentlich wolle, ein großes Bier oder wie oder was. Das auch, behauptete ich, aber der Grund, warum ich anriefe, sei ein anderer und schilderte ihm mein Anliegen. Er kümmere sich darum und erkundige sich und riefe mich in 5 Minuten zurück, versprach er.
Ca. 3 Minuten später vibrierte mein Smartphone und M. versicherte mir, alles sei gut, aber unsere Buchung bei ihm könnten wir dafür vergessen. Wir lachten beide und legten auf.

Alles an dem Hinflug, der wegen diverser Umbuchungen seitens der Airline und nach einigen Downgrades nun einen Tag später als geplant stattfindet, ist schrecklich. Ich sitze eingeklemmt auf einem Mittelsitz, ich habe keine Lust auf Körperkontakt und auch nicht darauf, 3 1/2 Stunden den Ellbogen meines fremden Nachbarn wegzudrücken und starre mit von einer abklingenden Erkältung herrührenden Kopfschmerzen eine graue Wand direkt vor mir an, während sich meine Nase mit allerhand eklem Glibberkram füllt. Es ist deprimierend.
Wir kommen erst gegen 22 Uhr in Kalamaki an, aber wenigstens sind wir nun da, und auch K. und W. haben ihr Zimmer ohne Schwierigkeiten beziehen können.

Beim späten Abendessen bei Athivoles knallt, grummelt und wackelt es. Ein Erdbeben der Stärke 4,2 will uns also zudem herausfordern.

18.05.

Jungkellner A. ist auch wieder da, er arbeitet in der Bar unserer Unterkunft allerdings nur noch in Teilzeit. Ihm ginge es gut, sagt er, zeigt aber auf seine Haare, die immer grauer und weißer werden. Dennoch sehe er blendend und jung wie immer aus, erzähle ich ihm. Er wird für immer mein Jungkellner A. bleiben.

Im neuen Restaurant „Mythos of Aphrodite“ (Himmel, wer denkt sich solche Namen aus?) wackeln die Wände, Gläser fallen aus den Regalen und zerschellen klirrend auf dem Boden, und alle rennen nach draußen. Stärke 5,1.
Es ist eine unruhige und wacklige Nacht, ca. 13 Erdbeben sind es, die uns provozierend vom Schlaf abhalten.
Am nächsten Tag sollte uns W. berichten, er habe sogar eine Eruption erlebt, das Abendessen sei ihm wieder hochgekommen.

19.05.

Neuankömmlinge sind diesmal leicht von allen anderen zu unterscheiden: Einheimische wie länger anwesende Urlauber zeigen sich besorgt ob der andauernden Erdbeben und ergehen sich zum Teil in apokalyptischen Fantasien, die Neuen unterhalten sich lieber über die sogenannten „Klimakleber“. Sie bekräftigen sich gegenseitig in ihrer Meinung, man müsse diese Chaoten mal so richtig usw., der Autor dankt für diese wunderbare Klischeeerfüllung.
Chefin R., die Ehefrau unseres Gastwirts M., beruhigt A. und mich ein wenig, indem sie uns berichtet, die Experten seien vorsichtig optimistisch, weil es Anzeichen für ein Sich-Beruhigen der Erde gebe.
Jungkellner A. habe letzte Nacht auch nicht geschlafen, wie er sagt, denn er habe Sex gehabt. Na ja, letztendlich wegen Sex und Erdbeben, gesteht er nach kurzem Zögern ein.
Der Rest des Tages verläuft ruhig, in der Nacht jedoch, ausgerechnet wieder in der Nacht, eine 4,4. Kann man denn hier nie einmal vernünftig durchschlummern, Herrgottsack.


Achtung Spoiler: Erdbeben einfach verschlafen? Ja, das ist möglich

20.05.

Es gibt sie noch, die positiven Erlebnisse mit deutschen Touristen: Auf dem Markt in Mires tritt ein glatzköpfiger Herr auf mich zu, vorurteilsbehaftet wie ich bin, denke ich: „Was kann der jetzt nur Dummes von mir wollen?“, doch er deutet auf mein T-Shirt mit dem Emblem vom FC St. Pauli und brüllt: „Das ist das erste vernünftige Shirt, was ich hier sehe!“
Ich bedanke und verneige mich, wie es sonst wahrscheinlich nur Japaner tun, dabei hat er eigentlich nicht ganz recht, denn bereits gestern sprach mich ein Angestellter des zur Ausgrabungsstätte Festós gehörenden Cafés auf mein Better-Call-Saul-Shirt an: „Nice shirt you have.“
Ich (freudig erregt): „Thank you. You know this show?“
Er: (empört): „Of course, we also have Netflix here!“
Ich (realisierend, wie sackdoof meine Frage war): „Yes, of course, I know, I know!“
Er zeigte sich danach versöhnlich und es folgte ein kurzes Fachsimpeln über eine der besten Serien aller Zeiten. Mit den Griechen gibt es aber generell fast nur positive Erlebnisse.

Eine 4,2, natürlich wieder in der Nacht, aber es wirkt an dieser Stelle falsch, mich darüber zu beschweren, denn A. und ich verschlafen das Beben diesmal einfach.


Links-grün versiffter Zeckenverein schön und gut, aber muss er immer gleich mit einem Heiligenschein dargestellt werden?

21.05.

Das Klopapier in unserem Zimmer geht zuneige, und dennoch hat der Room Service kein neues nachgelegt. Da ich die hierfür zuständige Frau in der Nähe abfangen kann, frage ich sie, ob wir Nachschub bekommen können. Sie überlegt lange und teilt mir dann mit ernster Miene mit, es gebe für jedes Zimmer nur 3 Rollen, danach müsse man, wenn man neues benötige, dieses selbst kaufen. Ich zwicke mich, da ich mich in einer unspektakulären aber bizarren Traumwelt wähne, aus der es zu entkommen gilt.
A., K., W. und Gastwirt M. sitzen zusammen, und als ich letzteren frage, ob das so richtig sei, es gebe für jedes Zimmer nur 3 Rollen, danach müsse man sich alles weitere selbst besorgen, werde ich von allen Beteiligten der Sitzgruppe angestarrt, als sei ich dem Wahnsinn verfallen, besonders von M., an den ich meine soeben gestellte Frage erneut richten muss. „This is no joke“, füge ich leicht hysterisch hinzu und: „She just told me this one minute ago.“
M. spricht mit ihr und erklärt uns anschließend, sie sei neu hier und habe zuvor in einem Hotel gearbeitet, in dem es eine 3-Klopapierrollen-Regel gab (?!?!!), weswegen sie davon ausgegangen sei, hier sei dies auch so. Und er habe sich bereits gewundert, warum ihn in den letzten Tagen Gäste häufig um mehr Klopapier baten.
Am Abend setzt sich R., die Chefin unserer Unterkunft zu uns und entschuldigt sich wegen des Zwischenfalls, danach beteuern wir uns gegenseitig, wie geschockt aber auch belustigt wir darüber seien, dass irgendwo da draußen Hotels oder Pensionen mit einer 3-Klopapierrollen-Regel existieren.

Zum Einschlafen eine 3,2.

22.05.

Es folgt eine weitere Variation des Jahr für Jahr beliebten Kopfhörer-Themas: Ich setze sie mir auf, Gastwirt M. nimmt neben mir Platz, höflich nehme ich die Hörer wieder ab, ihm fällt etwas ein, er steht auf und geht weg, also setze ich sie wieder auf, er kommt zurück und leistet mir erneut Gesellschaft, also nehme ich sie wieder ab, um ihm dabei zuhören zu dürfen, wie er am Telefon wichtig klingende Dinge mit seiner Frau R. bespricht, während er zärtlich meine Schulter krault. Ach, hätte ich damals nur an dem Kurs „Griechisch lernen in einer Stunde“ teilgenommen.

23.05.

W. und ich machen heute eine Wanderung von Kalamaki nach Matala, dem von Althippies erschaffenen Paradies für Althippies. Über Geröll und fossile Riesenmuscheln durch eine fremdartige Felslandschaft wie von einem anderen Planeten führt unsere Strecke, höchst konzentriert heißt es, vorsichtig einen Fuß vor den anderen zu setzen, da uns sonst das extrem scharfkantige Gestein schlimme Verletzungen zufügen könnte (ich komme natürlich bereits zu Beginn bei meinem dritten auf das unwegsame Terrain getätigten Schritt bedenklich ins Schlittern).
Irgendwann blicken wir von hoch oben auf den Zielort hinunter und wundern uns, wo der in der App verzeichnete Weg sei, der von hier hinab führen soll. Nachdem wir ihn gefunden und auf halsbrecherische Weise bezwungen haben, fragen wir uns unten, nach einer insgesamt dreistündigen Wanderung ausgemergelt und vollbärtig geworden, warum uns die Mädels, die im Dorf auf uns gewartet haben, keine großen Kaltgetränke bereit gestellt haben.


An zu vielen Orten werden inzwischen moderne Steinkästen hochgezogen, wenigstens darf man sich beim Hauskauf die Landschaft dazu selbst aussuchen – hier z.B. hat jemand eine schweizerische oder österreichische Hügellandschaft für sein Anwesen gewählt

24.05.

So gehen Ferien: In der Zeitspanne zwischen 10 und 11 Uhr vormittags sitzen 2 unserer Miturlauber mit feuerwehrautoroten Köpfen in der prallen Sonne und trinken jeder je einen Weißwein und dazu je einen Gin Tonic. Dabei sind sie abwechselnd sehr lustig oder dösen sich gegenseitig etwas vor.

25.05.

Zu den beiden Typen, die gestern schon vormittags Weißwein und dazu Gin Tonic tranken, gehören 2 weitere, die erstere auslachen und ein Video von ihnen anfertigen und das nur, weil sie heute Tee trinken. Die Belustigungen schlichter, trinkfreudiger Männer, wer kennt sie nicht.

V., C. und P. sind im Ort eingetroffen. P. sieht völlig anders aus als im letzten Jahr, sie ist größer und hat mehr Haare auf dem Kopf. „Es handelt sich um ein Austauschkind“, bestätigen die stolzen Eltern unsere Vermutung. Dieses sabbert Papas Firmenhandy voll, macht davon Zeitrafferaufnahmen und nimmt anschließend eine Orangenscheibe in den Mund und imitiert einen sprudelnden Brunnen, als sie diese widerwillig ausspuckt.
A. und ich gehen aufs Zimmer und winken zum vorläufigen Abschied, P. winkt zurück, sie ist eine sehr gute Winkerin.

Spät am Abend sitzen V. und C. (P. musste mit ihrem Babyphone auf dem Zimmer bleiben) im Barbereich unserer Unterkunft umringt von Leuten aus Hannover. A., K., W. und ich winken V. und C. zu, worauf eine Frau aus der Gruppe ruft: „Ihr könnt euch gerne dazusetzen!“
Das ist so ein Satz, der, von wildfremden Leuten herausposaunt, bei mir nervöse Zuckungen auslöst und das nicht nur im Urlaub, ich brülle daher: „NEIN, AUF GAR KEINEN FALL DANKE!“
Gerne würden wir V. und C. von ihrem Schicksal erlösen, doch sie werden von der Gruppe umzingelt, sie wird die beiden heute nicht mehr hergeben.

26.05.

Achtung Kultur: Ein Museumstag steht an. Es ist sehr gut, das Archaeological Museum of Messara. Töpfe, Säulen, Büsten, sowas.


Diese Skulptur ist klein, sehr klein – man beachte, hier unter dem Rasterelektronenmikroskop betrachtet, wie groß die Poren des Kieselsteins dahinter vergleichsweise wirken

27.05.

Eine Frau aus der Hannover-Gruppe, die „leider“ nicht dabei sein kann, hat unserem Gastwirt Wollsocken in den Farben der deutschen Flagge gestrickt und einer der anwesenden Frauen den Auftrag erteilt, ihm diese zu überreichen. M. trägt sie nun und präsentiert sie uns, indem er seinen Fuß auf unser Bartischchen stellt.
Die Frau, die sie ihm gegeben hat, steht spionierend in unserer Nähe herum und lädt uns zur Karaoke ein, die sie später, nach der Abendessenszeit, im Barbereich veranstalten würden (WTF?!); wir sind geschockt.
Kurz bevor A., K., W., V., C., P. und ich zum schönen Restaurant Chrisopigi in Kamilari aufbrechen wollen, ordert M. mich zu sich, um mir versteckt vor den anderen zu zeigen, welche massiven süßen Schweinereien er für später für W. bereit hält, da dieser heute Geburtstag hat (ich verplapperte mich zuvor, sorry!), während er sich herzhaft fluchend die zu dicken, geschmacklos hässlichen Socken von den Füßen reißt.
Wir kehren vom Abendessen zurück und hören schon von weitem auf dem Fußweg vom Parkplatz zum Barbereich unserer Unterkunft entsetzliche Schlagermusik, die Karaokeparty ist dort in einer Ecke im vollen Gange, ansonsten ist bis auf die doofe Gruppe keiner da, denn alle anderen wurden bereits vor unserem Eintreffen durch dieses Verbrechen an der Menschheit vergrault, wie uns M. angesäuert mitteilt. Wir setzen uns an den davon am weitesten entfernten Tisch, als eine Version des Klassikers „Happy Birthday“ ertönt und uns M. einen Teller mit zwei Stück Kuchen bringt, in dem mit dem flüssigen Schokoladenkern steckt eine Kerze. Alle applaudieren, auch die Dooferaner und voller Entsetzen sehe ich, wie sich die Sockenüberbringerin auf den Weg zu uns macht, dabei unelegant tänzelnd, wie in einem Horrorfilm, in dem sich das grauenerregende Monster unerträglich zeitlupenlangsam auf die Kamera zubewegt. W. bekommt davon erst nichts mit, weil er mit dem Rücken zu ihr sitzt, gerne rettete ich ihn, wenn ich denn könnte. Sie gratuliert ihm, und er darf sich einen Song wünschen, entweder „Liebe ohne Leiden“ oder „… dann geh doch“, W. entscheidet sich souverän für letzteren. Später überlegen wir, ob es sich dabei um eine Art Code der Törichten handelt, damit sie erkennen können, was wir von ihnen halten; unser Gastwirt lutscht dabei Schokoreste von der Kerze.
Als wir bezahlen, würdigen wir die Karaokeaner keines Blickes, nicht einmal des verdienten bösen.

28.05.

V. und C. wollen mit der kleinen P. an den Strand, obgleich C. prophezeit, sie werden es dort nur 5 Minuten aushalten, denn es ist sehr windig und der Strand gleicht einer natürlichen Sandbestrahlungsanlage. 5 Minuten? Nein, bereits wenige Sekunden später kehren sie zurück und besser im örtlichen Schwimmbad ein. Wie sie später berichten werden, hielten sich dort sowohl die Hannoveraner als auch die, vor etlichen Jahren schon in diesem Blog erwähnten, hessische Scheißebabbleh auf. Wir stellen uns vor, wie sich beide Gruppen anfreunden und eine Bundesländer übergreifende Supergroup des Funterrors bilden.


Sie stellen sich nicht so an, am Strand, im Wind, im Sand

29.05.

Beim Frühstück sitzt am Nachbartisch ein altes österreichisches Paar, er streichelt eine der zahlreichen Straßenkatzen und füttert sie aus seiner Hand. Als er bzw. sie damit fertig ist, kommt die Katze zu uns herüber und dabei A. aufdringlich nahe, die daraufhin den Fuß erhebt, selbstverständlich ohne das Tier zu berühren. Es schleicht sich und der Alte regt sich auf. „Nach einer Katze treten“, entfährt es ihm und „Weil eine Katze ja so gefährlich ist“, sagt er noch. Er brummelt danach minutenlang seinen Ärger in seinen Alm-Öhi-Bart hinein. Dabei ist er der einzige, der alles falsch gemacht hat, schließlich fasst man keine streunenden Tiere an und füttert sie auch nicht in einem Restaurant und man schreibt schon gar keine Postkarten mit kitschigen Katzenmotiven, wie es dieses Paar zuvor getan hat.
Heute haben wir mit Schweigen reagiert, maximal gekichert haben wir vielleicht, aber er will Krieg, also soll er Krieg bekommen.


Die Frage muss erlaubt sein: Können Alm-Öhis eigentlich lesen?

30.05.

Während A., V., C. und ich in der Taverna Loggia in Kamilari ein sehr gutes Frühstück einnehmen, bumsen hoch über uns 2 Spatzen (vögelnde Vögel, hahaha), sie können nicht voneinander lassen, sie wollen viele weitere kleine Bumsvögel produzieren, während die kleine P. Filzformen auf ein Filzformendings klettet.

In der Taverna Illios in Agios Ioannis ist ein älterer marokkanischer Herr für alles zuständig, er kocht, er bedient, er macht sogar das Licht aus, wenn schon früh keine Gäste mehr da sind, was uns um ca. 21 Uhr vor ein Riesenproblem stellt, als wir alle dort vorfahren. Die dunkle Taverne sieht nach Feierabend aus, aber da eine Tür offen steht, schauen wir und fragen mal nach. Der Mann macht das Licht und alle Küchengeräte wieder an. Wir bestellen allerlei Speisen zum teilen (als C. das Curry Chicken wählt, denke ich: „Wie ordinär“, dabei sollte sich gleich herausstellen, es handelte sich um eines der besten Curry-Gerichte, das ich je gegessen habe) und der Alte brummt bei deren Zubereitung zu Reggae-Melodien in der Küche herum. Später gibt er auf die schlafende P. acht, sie liegt zugedeckt auf einer Holzbank, er sitzt daneben und schmökt vor sich hin, eine nach der anderen.

31.05.

Heute Abend statten A., K., W. und ich der im letzten Bericht erwähnten Taverna Markos in Pitsidia einen zweiten Besuch ab. Von weitem erkennen wir die Retsinafrau mit den Glupschaugen auf der Terrasse vor dem Restaurant sitzen, das ist nur einer der Gründe, warum wir uns lieber an einen davon weiter entfernten, dazugehörigen Tisch auf dem Dorfplatz setzen. Am Himmel hängen bedrohliche, dunkle Gewitterwolken, bereit, unser Abendessen in ein arges Desaster zu stürzen. Die schlimmsten Dinge, die passieren sind jedoch nur, die Speisen sind nicht annähernd so gut, wie wir sie in Erinnerung hatten, außerdem kläfft lautstark ein blöder, aber riesiger Köter direkt vor unserem Tisch eine stark eingeschüchterte Katze an. Unter Einsatz meines Lebens, meiner Füße und eines Stuhls versuche ich ihn zu verscheuchen, was nur so mittelgut klappt. Später versucht er, neben uns einen Baum zu erklimmen, denn er ist wahnsinnig.

01.06.

Im veganen Restaurant Green Kukunari in Pitsidia sitzen A., K., W. und ich vor den aufgefalteten Speisekarten, als ein kleines, felliges Etwas auf dem Boden herumwuselt, -tollt und -rollt und dabei in alles hineinbeißt, was ihm vor das Schnäuzchen kommt, in unsere Taschen und Klamotten, die von den Stuhllehnen zu weit gen Boden hängen und zu guter Letzt in meinen Fuß. Das zwickt und meine Socke hat danach Löcher. Zur Belohnung knuddele ich es nach dem Essen ordentlich durch, wobei es mit seinen kleinen Schlappohren headbangt und sich anschließend wieder in meinem Fuß verbeißt, diesmal immerhin nur im Schnürsenkel. Ich kann das dazugehörige Bein ca. einen Meter hochheben und so lernt das Hundebaby in einem Alter von gerade mal 8 Wochen das Fliegen.


Ja, „es“ ist ein „er“

02.06.

Nach einer Nacht mit heftigen Gewittern und sehr viel Regen schüttet es in einer Tour bis zum späten Nachmittag durch und A. und ich fahren mit dem Auto die nähere Umgebung ab, um die Pegelstände der normalerweise um diesen Zeitraum eher ausgetrockneten Flüsse zu kontrollieren, was will man bei einem derartigen Wetter auch sonst machen: Von Pfützen bis zu kleinen Rinnsalen ist alles vertreten. Spektakulär.
Wegen des River Watchings haben wir vergessen, bei Athivoles für heute Abend einen Tisch zu reservieren. Offiziell macht das Restaurant erst um 18 Uhr wieder auf, trotzdem geht V. bereits um 16 Uhr hin, um niemanden dort anzutreffen, was sie bis 17 Uhr noch zweimal wiederholt, denn sie ist voller Reservierungseifer, wenn auch vergeblich.
Nach 17 Uhr werde ich hingeschickt, dort angekommen, fährt G. vom Restaurant gerade vor, hupt mich an und ich reserviere für später den Tisch. Zack, so geht das.

Bei Athivoles schlürfen 3 Männer am Nachbartisch auf unappetitlichste Weise lärmend Essen in Richtung ihrer Verdauungsapparate, während wir viel Spaß haben und die kleine P. mit Eifer und Kindernudeln ihre Sitzgelegenheit dekoriert. Wir Männer ballern zu viel Hauswein und Raki, die Frauen sind dabei mit deutlich weniger Alkohol lustig, teilweise kommen sie sogar ganz ohne aus. Vor allem C. schenkt uns Typen immer wieder proaktiv nach, das ist beeindruckend, müssen doch er, V. und P. in wenigen Stunden wieder aufstehen, K. und W. nicht viel später, da sie alle morgen abreisen werden.
Goodbye, sehr gerne wieder.

03.06.

Irgendwann zu Beginn des Urlaubs wollten wir im Restaurant Koule in Mires einkehren, doch damals wurden wir weggeschickt, weil es ein größeres Problem mit den Toiletten gab.
A. und ich versuchen es heute wieder, was uns vor Schwierigkeiten stellt, da uns das Navi immer wieder über Schotterpisten zu leiten versucht, die mit unserem Škoda Quatschniq, oder wie der heißt, kaum zu bewältigen sind.
Endlich, wir sind angekommen, und es wird uns mitgeteilt, die englische Version der Speisekarte sei leider noch nicht fertig geworden. Weswegen wir uns mit kyrillischen Schriftzeichen herumplagen müssen, wir verstehen nichts und bestellen aus Verlegenheit einen griechischen Salat und einen weiteren nach Art des Hauses. Erst später entdecken wir die Apps, die alles wunderbar in eine für uns brauchbare Sprache hätten übersetzen können.
Als wir bezahlen wollen, sagt der Wirt: „Slowly, slowly, relax, you are on holidays here“ und stellt uns 2 Shots hin, Fireball, das ist ein Likör, von dem er offensichtlich schon ein paar hatte. Die Flüssigkeit ist scharf und scheint uns für Momente in kalten Winterlandschaften ganz gut geeignet zu sein, jedoch nicht für diesen sommerlichen Tag. A. trinkt ihren nicht und ich habe, nach einem kleinen Schluck von meinem, auf den Rest ebenso keine Lust.
Der Wirt taucht für eine Stunde nicht mehr auf bzw. unter. Ich soll zwar relaxen, aber seine Abwesenheit und das nicht Begleichen können der Rechnung bewirken bei mir das Gegenteil und ich werde sehr zappelig und bin am Ende die unentspannteste Person der gesamten (!) Insel.


Wie sollen hier 2 XXL-Menschen mit 2 XXL-Smartphones Platz nebeneinander finden, wenn nicht mal einer mit einem hinein passt?

04.06.

A. und ich fahren nach Matala, um zu schauen, was wir uns dort als Nachmittagssnack reintun können. Doch als wir in den Ort hineinfahren, sehen wir nur Autos, Autos und Autos und keine Parkplätze. Wir wenden, das einzige Gute an Matala ist sowieso die Straße, die von da wieder wegführt. Ich bekäme jetzt einen nicht auszuhaltenden Shitstorm, hätte dieser Blog Leser.

Wir kehren nur wenige Kilometer weiter in einer Bäckerei in Pitsidia ein, es ist die dümmste Entscheidung dieses Urlaubs, und es ist meine. Je ein Stück Kirsch- und Zitronenkuchen, 2 Teilchen und Umsonstkekse zum Kaffee verputzt habend, quälen wir uns durch den Rest des Tages, ächzend und schwerfällig. Sicher haben wir die obligatorische 3 Kilo Gewichtszunahme nur durch diesen süßen Fressanfall erreicht.

Believe it or not, aber am Abend knattern wir wieder nach Matala, um in dem guten Restaurant Bistronomy zu essen. Auch kein idealer Name für ein Restaurant, aber immerhin kein Mythos of Aphrodite oder gröberer Unfug.
Außerdem könnte ich so den Shitstorm noch abwenden, gäbe es denn einen.

05.06.

Traditionell findet unser letztes Abendmahl bei Athivoles statt.
Gestern Abend im Bistronomy bat uns Kellner G., der aus dem Dörfchen Gergeri stammt, hier den Kellner, der aus dem Dörfchen Gergeri stammt und den gleichen Namen trägt, nämlich G., von ihm zu grüßen.
Also: „Viele Grüße von G. aus Gergeri.“
G. aus Gergeri stellt souverän die Gegenfrage: „Von welchem?“

Denn die Griechen heißen wirklich alle gleich.

06.06.

Wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat, dem dürfte aufgefallen sein, die Beben fanden irgendwann ein Ende oder sie wurden nicht mehr erwähnt, weil sie nicht weiter der Rede wert waren, auch fand ein Krieg mit mit dem Alm-Öhi niemals statt. Stattdessen folgt heute nur der klammheimliche Rückzug, äh, -flug.
Herzlichen Dank an alle, die ihren Teil zu einer gelungenen Zeit beitrugen.


P. hätte bei ihrer Abreise netterweise Messer und Gabel, ihre Yacht und den Eimer mit nach Hause nehmen können, anstatt diese Dinge einfach zurückzulassen

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Wie ich im Jahr 2020 beim Film Gucken einmal twitterte und mir achtzehnmal selbst antwortete

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Das Problem mit meiner Erstsichtung von Alien: Covenant (Stand 44:39) ist, man weiß in jeder Sekunde, was als nächstes passieren wird. Originell und sonderlich spannend ist das alles nicht. Wird vllt. besser, ich schaue weiter, bitte nicht stören, kein Twitter, nix, tabu.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Wollte nicht beim Filmschauen twittern, von daher nur ganz kurz (Stand 51:23): Jetzt mutiert‘s gerade zu einem Actionfilm. Gähn.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Viele, offensichtlich seit langer Zeit tote „Menschen“ in dieser blutigen Alien-Verwurstung. Wird gerade wieder besser, Twitter-Stopp NOW.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Android-Highlander! Es kann nur einen geben!

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Oder 2! Es bleibt evtl. doch spannend.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Achtung! Jetzt kommt eine Szene, in der eine starke Frau ihre Work-Out-Tits ZUFÄLLIG in die Kamera hält, das Alien schleicht sich von hinten ran. Was passiert als Nächstes? Ich bleibe dran.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
CGI-Splatter, das passiert als Nächstes. Ich geb‘ dem Film noch ein paar Minuten (oder Stunden, gemessen daran, wie langsam ich schaue und dabei twittere).

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Immerhin: Ein Kopf schwimmt für einige Minuten in einer Pfütze herum. Den Horror nicht ganz verlernt, der Herr Scott, aber größtenteils leider schon. HALLO, der Film soll mich eigentlich vom Twittern abhalten, Herr Scott.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Ich vergaß bislang die Aussage: „?“ Ein bisschen Philosophie ist auch dabei.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Und was der unsägliche 2. Teil von Cameron damals nicht schaffte, nämlich den Alien-Mythos zu zerstören, schafft dieser gerade ganz locker. Dabei mag ich Fassbender eigentlich („Angst essen Seele auf“ – guter Film!).

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Sorry, war gerade Glas auffüllen, Klo desinfizieren, sowas. Weiter geht‘s. So spannend! Gähähähn!

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Ah. Ein Musical-Film. Ganz kurz war‘s so. Der Android macht Dressurbewegungen, das Alien auch.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Muss wohl eingeschlafen sein: Inzwischen läuft Alien: Covenant 2, jedenfalls gemessen an der Anzahl der Fassbenders. Haha, witzig.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
2 Fassbenders, die sich prügeln, eine Frau rennt weg. Vielleicht ist der Film doch ganz gut.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Eine Frau, die an einem roten Seil von einem gerade davonfliegenden Raumschiff hängend ein Alien zu Brei ballert: schön. Guter Film, streckenweise.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Zu Brei ballern versucht. Hat nicht geklappt, jetzt dringt das Alien ins Raumschiff ein. OMG.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Das Alien sorgt für Stress, in den Schlussminuten bis -stunden. Schau an.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
Film blöd. Scott trotzdem Teilzeitgott. Gleich transferiert das Alien wieder sonst wohin.

k_wasi @katarrh666 Mar 15, 2020
FIN. Oh, es kommt noch was. Ist ja Usus. Gleich mit Facehugger ins Bett.

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Die Katze frisst am Sack! (Nachtrag des Kreta-Urlaubtagebuchs von 2022)

20.05.

Frühmorgens werde ich am Hamburg Airport bei der Sicherheitskontrolle rausgezogen, vielleicht wegen meines terrorverdächtigen Vollbarts, vielleicht möchte die Mitarbeiterin der Sicherheitsfirma mit mir flirten, es kommt in jedem Fall nicht gut bei mir an, Sicherheitsfirmenmitarbeiterinnen haben’s auch nicht leicht.
Nachdem mein Handgepäck durchleuchtet wurde, wird der Inhalt eines nachfolgenden Gepäckstücks von den Angestellten bewundert: „Was ist das denn?! Das ist ja ein Sammelsurium an Flüssigkeiten!“
Ein Sicherheitsmann an einem anderen Monitor ruft begeistert: „Dann seht euch erstmal das hier an!“

Im Hotel Avli in Rethymno bekommen wir ein Upgrade, wir dürfen die Nacht statt in dem uns ursprünglich zugeteilten Zimmer in der Candy Suite verbringen, die so aussieht, wie sie heißt und auch so riecht.
Abends dann ein 6-Gang-Menü mit Weinbegleitung im dazugehörigen Restaurant, in dem wir uns vor 3 Jahren schon einmal nachmittags eingefunden hatten.
Es gab zuvor Unstimmigkeiten, weil einer großen geschlossenen Gesellschaft, die ziemlich sicher erst nach uns reserviert hatte, Vorrang gewährt, uns abgesagt und ein Besuch am Folgeabend nahegelegt wurde. Das gab Ärger, denn wir wollten bereits am nächsten Tag weiterreisen und nach einigem hitzigen, länderübergreifenden Hin und Her, hieß es dann, wir dürfen doch kommen.
Also sitzen wir jetzt hier mit unserem Menü und korrespondierenden Weinen sowie korrespondierenden Olivenölen (!), wir haben Spaß, der Sommelier und die Kellner, die uns Wissenswertes zu den Rebensäften und Ölen berichten, auch, jedenfalls wirken sie so. Außerdem wird sich mehrfach bei uns entschuldigt und erklärt, wie es zu der misslichen Lage kommen konnte, und wir bekommen sogar eine Flasche guten Wein geschenkt.
Dass aber alle anderen Besucher, die spontan nach einem freien Tisch fragen, abgewiesen werden („Sorry, today we are closed for regular guests.“) fühlt sich einerseits befremdlich, aber irgendwie auch geil an, während im großen Nachbarraum skandinavische Studenten ihre noch größere Abschlusssause halten und vor allem die Frauen in bunten, eleganten Kleidern beim Gang zur Toilette Haltung zu wahren versuchen, den Männern ist wie immer alles egal.
Es war fantastisch und es ist auch wieder alles gut (genau wie das tolle Frühstück am nächsten Morgen), liebes Avli.


Ja, das ist eine Lampe (im Avli ❤)

21.05.

Wir sind in einem von A., K., W. und mir für ein paar Tage und Nächte gemieteten Häuschen im Dörfchen Vamos angekommen und warten auf K. und W., die heute zu uns stoßen werden. Sie tun dies mit einem Opel Crossland, wir sind mit einem VW T-Cross da, die Mietwagensituation ist diesmal eine seltsame und dass beide mit dumpfbackigen Namen versehene Fahrzeuge über einen Sprurassistenten verfügen, setzt uns auf einer Insel, auf der gestrichelte wie durchgezogene Linien regelmäßig ignoriert werden müssen, um anderen beispielsweise Platz zu machen, sehr zu.

Am späten Abend nehmen wir in einer riesigen, aber nicht weiter empfehlenswerten Taverne Platz, in der wir, durch allerlei Technik verstärkt, von traditioneller Livemusik angeplärrt werden. Technisch gesehen sind die Musiker gut, ähnlich wie das Bier, leider steigen wir danach auf weißen Hauswein um, der beeindruckenderweise nach gar nichts riecht, aber sauer schmeckt, auf der Karte wird er mit einer „zarten Zitrusnote“ angepriesen. Da wir uns aufgrund der Lautstärke sowieso nicht unterhalten können, sehen wir W. dabei zu, wie er von seinem unglaublich großen Fleischstück in fitzeliger Kleinstarbeit die viel zu dicke Panade herunterkratzt, während sich seine Pommesbeilage aufgrund irgendeiner Soßenpampe selbst zur Soßenpampe wandelt.

22.05.

Heute stehen wir vor der Taverne Esmigia in Doulania und jeder Tisch auf der Außenterrasse ist besetzt, 2, 3 junge Frauen sehen uns eine Weile dabei zu, wie wir uns ratlos umschauen und als wir beschließen, wir müssen woanders zu Abend essen, kommt eine der Frauen auf uns zu und bedeutet uns zu bleiben. Ein Kindertisch wird uns hingestellt, an dem wir zu viert Platz nehmen und allerhand leckere Speisen zu uns nehmen, die alle zusammen nicht auf das Tischchen passen, aber wir freuen uns wie die Kinder über alles.

23.05.

Unser T-Cross ist nagelneu, vermutlich ist das der Grund, warum ich das Verlangen verspüre, ihm Gebrauchsspuren hinzuzufügen. Ich setze ihn rückwärts gegen einen Baum. Delle.


Leider wurde es versäumt, Bäume zur Beschattung des Basketballplatzes zu pflanzen, weshalb sie nachträglich auf das Brett gemalt wurden

24.05.

In Vamos, auf dem Weg zum Kochkurs, tritt aus einer Tür eines Ladens, der lokale Tees und Kräuter verkauft, eine ältere Frau heraus, die von mir wissen möchte, woher ich komme, was ich wahrheitsgemäß beantworte. Sie scheint daraufhin enttäuscht zu sein, denn sie sei auf der Suche nach Türken oder Iren. Als ich unnötigerweise frage: „Warum?“, hält sie mir einen langen Vortrag darüber, wie sehr sie sich diesen beiden Völkern verbunden fühle, auch sei deren historische Vergangenheit ähnlich der der griechischen. Sie wirkt beim Erzählen recht wirr und ich drohe es zu werden, aber es gelingt mir, mich aus dieser Situation herauszuwinden und weiterzugehen.

Der Kochkurs ist sehr gut, die Mama sympathisch und voller Fachkenntnisse. Die mitteilnehmenden Amerikanerinnen reden oh my gosh like tremendously affektiert, und meine Wickelkünste bei der Herstellung der gefüllten Weinblätter sind herausragend, gleichmäßig und nicht zu dick oder zu dünn, wie aus der Maschine werden die Dinger. Amazing, this is so amazing.


Was nach 4 Tagen und 4 Nächten in Vamos übrig blieb (das Spülmittel tranken wir jedoch nicht)

25.05.

Heute fallen A., K., W. und ich mit unseren Autos in Kalamaki ein, die Belegschaft unserer Unterkunft bewundert die Delle an meinem.
R., die Chefin und die Frau von Gastwirt M., versucht mich zu beruhigen, indem sie sagt, M. fahre mit seinem Auto ständig irgendwo dagegen und trägt danach meinen sauschweren Koffer nach oben in unser Zimmer, Jungkellner A. den von A. Ich bewundere die griechische Gelassenheit und Muskelkraft dieser liebenswerten und zierlichen Personen.
Jungkellner A. hält mir später seine streng riechende Hand vor die Nase und als ich sie rümpfe, sieht er mich mit durchdringendem Blick an und sagt: „It’s Benzin.“
„Hier ist alles beim Alten“, denke ich.

26.05.

In der Taverne Markos in Pitsidia ist alles sehr einfach gehalten, drinnen stapeln sich mitten im Raum Getränkekisten, andere Dinge müssten ebenso dringend weggeräumt werden, es ist ein Sammelsurium an privaten Dingen und solchen, die für die Gastro benötigt werden. Oder eben nicht.
Auf der kleinen Außenterrasse sitzt neben uns eine aufgequollene Frau, die mit Retsina verwässerten Glupschaugen wahlweise vor sich hin oder auf unsere Tischplatte stiert, hinter uns drei Säufer; einer von ihnen lässt später auf dem Weg von drinnen nach draußen beim Stolpern über die Türschwelle ein Bier fallen. Die Gästesituation ist deprimierend, die anderen sind auch nicht besser, einer vom Nebentisch sieht und zischt mich plötzlich an: „Die Katze frisst am Sack!“
Verständnislos und irritiert blicke ich ihn an und wieder weg, als er verächtlich abwinkt, und ich denke darüber nach, was er mir mit der kryptischen Information mitteilen wollte. Da geht mir auf, K. hatte zuvor von einem Lieferwagen Käse und Joghurt gekauft und den Plastikbeutel mit dem Inhalt hinter sich an die Stuhllehne gehängt, das dadurch angelockte Tier habe ich aus meinem Blickwinkel unmöglich sehen können. Die Katze hat aber bisher nur gierig daran geschnuppert, warum der Mann derart überdramatisiert, verstehe ich nicht und auch nicht, warum er nicht K. direkt anspricht. Aber wie schon beschrieben, die Gästesituation ist traurig.
Zum Positiven: Die Mama ist großartig, sehr freundlich und bewältigt den Service fast alleine, selbst beim Kochen ist sie teilweise dabei. Die Speisen sind sehr wohlschmeckend. Das nächste Mal hoffentlich mit brauchbaren Tavernenbesuchern.

27.05.

Abends in der Zeit kurz vor Sonnenuntergang setze ich mir, um mir den von Easy Listening Musik beschallten Pavillon erträglicher zu machen, Kopfhörer auf und höre mir das Album Heavy Pendulum von Cave In an. Unser Gastwirt M. fragt mich durch Gesten unterstützt, was ich da höre und ich antworte der Einfachheit halber: „Heavy Rock.“
„Heavy Rock?!“ fragt er und setzt sich die Kopfhörer auf, um sie sogleich eilig wieder herunterzureißen, mit einem Gesichtsausdruck, als hätte er Laute aus der Hölle vernommen.
Gelächter ringsum.

28.05.

Ähnliche Grundkonstellation wie gestern Abend, aber heute spricht M. mit der jungen weiblichen Bedienung und zeigt dabei auf mich. Er nimmt mir die Kopfhörer ab, hört kurz Probe und setzt sie ihr auf. Obgleich das Stück ungleich softer ist als das von gestern Abend, ruft sie fachmännisch: „Ah, Heavy Rock!“

29.05.

Eine Mücke befindet sich in meiner Nähe an der Wand, als ich aufwache, fett und vollgepumpt mit meinem Blut, sie ist nicht einmal mehr in der Lage zum Wegfliegen anzusetzen, bevor ich sie erschlage und ich bzw. sie. bzw. wir einen dicken Blutfleck auf der Wand hinterlassen. Ich habe unter anderem einen Stich am Po, verabscheuenswürdige Viecher sind das, zu nichts zunutze sind sie; sicher gibt es Menschen, die behaupten Gegenteiliges, aber es existieren auch Menschen, die ich verabscheue.

Gänse sind Biester. Am Nachmittag wird W. von einer angegriffen, erst faucht sie ihn an, dann stürmt sie watschelnd auf ihn zu, bereit mit ihrem Mörderschnabel zuzuschnappen. W. holt erst mit seiner Tasche aus, dann überlegt er es sich anders und rennt wild fuchtelnd weg.


Take this, du Bergziege, ich kann höher klettern als du!

30.05.

Ein Morgen mit Stromausfall. Beim Frühstück stellt sich die Frage, ob Kaffee, Tee und diverse Speisen zubereitet werden können, aber M. und seine Belegschaft sind dazu irgendwie in der Lage, nur eben mit Mehraufwand, mit bloßen Händen. Immer mehr Gäste trudeln ein, alle wollen sie frühstücken, alle wollen erstmal Kaffee. Es herrscht Chaos und M. und die Bedienungen wirken zunehmend gestresster, und ein sackblödes Paar stellt sich beim Bestellen derart sackblöd und umständlich an, die Bedienung kann das unmöglich korrekt verstanden haben. Nach einigen Minuten werden ihm die falschen Sachen geliefert, die es prompt zurückgehen lässt. Und das in einem Moment, in dem M. jeden, der auch nur einen weiteren Kaffee bestellt, mit seinen Blicken töten möchte.
Als ich zwischendurch bei ihm meine Rechnung begleichen möchte, bringt er mich einfach um.

31.05.

A., K., W., und ich kehren in der Taverne Sigelakis in Sivas ein, der Wirt stellt uns ein paar kleinere Speisen zusammen, es ist ganz wunderbar.
Als wir bezahlt haben und gehen wollen, parkt gerade ein Spezialist seine Mietschüssel ab und zwar nicht ganz, aber fast in der Straßenmitte. Der Wirt weist ihn freundlich aber bestimmt darauf hin, er könne dort so nicht stehenbleiben. Alles an dem Falschparker ist deutsch, sein Aussehen, seine Bewegungen, selbst seine Sprache: „Ach so.“
Der Wirt fragt mich, ob es üblich in Deutschland sei, sein Auto auf diese Weise abzustellen, und ich mache eine Mal-So-Mal-So-Handbewegung, die der Komplexität des Themas nicht gerecht wird. Aber er lobt mich ausdrücklich dafür, wie gut ich meine Mietbeule abgestellt hätte, immerhin.

01.06.

W. und ich trinken jeweils ein Weißbier. Griechisches. Verrückter wird es heute nicht mehr, zudem schmeckt es sehr gut.

Gegen Abend treffen A. und ich im Außenbereich unserer Unterkunft V. und C. wieder, die zuletzt hier namentlich abgekürzt im Jahr 2017 erwähnt wurden. Irgendwie ist P. entstanden und sie haben sie mitgebracht. P. ist ca. 3 Monate alt und nur am tiefschlafen. P. ist sehr süß, das wird noch einige Jahre so bleiben, bevor ihr Zustand nahtlos in Schönheit übergehen wird.

02.06.

Wieder griechisches Weißbier. Crazy.


Reisenudeln – an sich das logischste Gericht, das Touristen auf einer Speisekarte finden können

03.06.

Einmal mehr habe ich meine Kopfhörer aufgesetzt und möchte mir gerade eine Musik anmachen, als sich unser Gastwirt M. zu mir setzt. Also nehme ich die Dinger wieder ab, um uns dabei zuhören zu können, wie wir gemeinsam schweigend den Sonnenuntergang herbeisehnen.

Später betreten wir wieder die Taverne Sigelakis, K. trägt dabei Schwimmflügel, W. ein Bärchenkostüm, A. geht als irgend so ein Pokémon und ich sehe sowieso bescheuert aus. Das verbiesterte alte Paar am Nebentisch starrt uns ohne Unterlass auf eine Weise an, als träfe alles eben Beschriebene zu, entsetzlich, diese Gegaffe. Bleibt doch bitte in Zukunft zuhause und glotzt dort mit sauertöpfischen Mienen eure öde Wohnzimmertapete an, ihr Graubrote.

04.06.

Nachmittags Vorspeisenplatte für 4 in der Taverne Minoan Parassies, in der eine ältere Dame alles selbst macht, sogar Trecker fahre sie, wie V. und C. neulich zu berichten wussten.
Sie begrüßt uns überschwenglich, fast bekommen wir den Eindruck, sie finge jeden Moment aus Freude über unseren Besuch das Hüpfen an. Sie ist des Englischen nicht wirklich mächtig, weswegen wir größtenteils von einem jungen Mann bedient werden, außerdem ist sie in der Küche zugange. Ja, wie gesagt, er bedient uns, um aber anschließend für fast die gesamte Dauer unseres Mahls nebenan mit einem motorbetriebenen Trimmer laut ein Feld zu verhackstücken. Jedoch ist das Musik in unseren Ohren, besser als der verreggaeisierte Pop, der hier leider allzu oft aus allen möglichen Läden schallt. Und JEDER Popsong ist tauglich verreggaeisiert zu werden, wie wir von vielen Aufenthalten in vielen Jahren hier wissen.

Nach dem Abendessen bei Athivoles geht K. sofort aufs Zimmer (denn sie und W. werden morgen früh aufstehen müssen, um nach Hause zu reisen), A. wenig später. Lediglich W., C. und ich sind so unvernünftig weiterzutrinken. W. bestellt ein weiteres großes Bier, er kann sich nicht losreißen und, na gut, C. und ich können auch noch was vertragen.
Torkelnd zu Bett. Goodbye K. und W.


Auf Kreta werden für unser Bedürfnis nach immer noch mehr Sicherheit hauptsächlich Schwalben eingesetzt

05.06.

In der Taverne El Greco in Lentas wäge ich auf dem Rückweg vom Klo ab, ob es arg unhöflich sei, für A. und mich weitere Getränke zu ordern, schließlich sitzt gerade die Belegschaft, bestehend aus Opa und Papa, zusammen mit dem Enkel und einem weiteren Mann beim Essen. Als ich zaudernd in der Nähe herumstehe, wird letzterer auf mein hellblaues Einhorn-Shirt von Napalm Death (!) aufmerksam. Nach einem kurzen Fachgespräch über härtere Rockmusik empfiehlt er mir die griechischen Bands Rotting Christ und Septicflesh (!!), während ich von Opas Gabel 2 Stück Leber (!!!) probieren muss.

06.06.

Die Tür gegenüber unseres Zimmers führt zu einem, in dem sich seit Tagen ein Paar streitet, wenn es nicht gerade auf dem Balkon laut Schlager hört. Ich denke, sie sollten die Streitigkeiten nach draußen verlegen, denn dann hätten alle etwas davon, und ich brauche für diesen Bericht Inhalte.
Aber selten sind sie draußen anzutreffen und wenn, dann knurrt oder kläfft deren blöde Töle die Urlauber an. M. teilt uns mit, die Putzkraft hole jeden Morgen 5, 6 leere Weinflaschen aus deren Zimmer.

07.06.

A. und ich kacheln in das Dörfchen Dafnes, in dem es viele Weingüter geben soll. Warum, erschließt sich mir nicht, denn es ist viel zu heiß und zu früh, um Wein zu verkosten, außerdem muss mindestens eine/r von uns fahrtüchtig bleiben.
Wir fahren vor dem Weingut Amargiatakis vor, steigen aus und sind verwirrt, denn einladend sieht hier erstmal gar nichts aus. Wir öffnen eine Tür zu einer großen Halle mit vielen Weinflaschen und -kisten, in der ein Mann auf uns zukommt, der uns erklärt, sorry, Weinverkostungen gebe es hier derzeit nur nach zuvor erfolgter Reservierung. Wir erwidern, vielleicht machen wir das im nächsten Jahr, er seufzt und erinnert sich an die zu Recht berühmte griechische Gastfreundschaft. Wir dürfen bei einem Gläschen Rosé an einem Tisch Platz nehmen, während auf der Außenterrasse eine echte Weinverkostung stattfindet, für Leute, die schlauer waren als wir, bei herrlichem Blick auf Berge und Täler.
Hauptsache wir haben einen Schluck Wein erschnorrt, wir dummen Touristen.

08.06.


Der Knoblauch hier in der Gegend ist so scharf, er ist umwerfend und zieht einem die Schuhe aus

09.06.

Am Morgen hetzt Kalamakis Bürgermeister eiligen und bestimmten Schrittes Richtung Strand, sicher handelt es sich um etwas Wichtiges, um das er sich kümmern muss, denn er trägt seine stylishe Dienstbadehose in signalorange und sonst nichts. Er stürzt sich beherzt in die Fluten und krault recht weit auf das offene Meer hinaus. Ein sehr guter Schwimmer, ein sehr guter Bürgermeister.

Ein letztes Abendmahl bei Athivoles, diesmal mit V., C. und P., letztere beginnt pünktlich, da das Essen auf dem Tisch steht, zu quengeln, weinen und schreien. Erst als wir gesättigt sind, ist sie zufrieden, lacht und schläft ein.
Ringsum sitzen ausschließlich ältere Paare, die sich mit düsteren Mienen anschweigen, was haben bloß nur wieder alle.

10.06.

Abschied, Abflug, ihr kennt das ja. Tschüs, war sehr schön.

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Mein schönstes Opernerlebnis (und, naja, mein bisher einziges)

Ich kaufe mir ein Programmheft für 3,50 €, „das sind 7 Mark!“, wie wir alten weißen Männer sagen, und anschließend ordert M. uns ein paar Gläser Wein und Stehtisch Nummer 9 für die Pause, der bis dahin wiederum mit ein paar Gläsern Wein bestückt werden soll, vieles scheint möglich, hier in der Hamburgischen Staatsoper.
Während ich danach im Saal darüber sinniere, wann während der Vorstellung die Servicekräfte wohl den Wein auf den Tisch stellen werden und ob mein Weißwein dann wohltemperiert oder schon von jemandem ausgetrunken sein wird, ertönt die wunderschöne Ouvertüre zu Charles Gounods „Faust“, später in der Pause sollte ich zu M. sagen: „Es stellt sich mehr und mehr heraus, dass, egal wie unterschiedlich die von mir bisher gehörten Werke waren, ich absoluter Ouvertüren-Fan bin“, um irgendetwas musikbezogenes zu äußern. Der dunkle Vorhang bleibt währenddessen erstaunlich lange unten, als er sich endlich hebt, bekomme ich so Augen, wie sonst nur Kinder im Kasperletheater, um im Anschluss festzustellen, es ist nach wie vor nicht viel zu sehen. Denn der olle, des Lebens überdrüssige Faust sitzt jammerlappig in fast völliger Dunkelheit auf dem Boden, schließlich ist er mehrere hundert Jahre alt. Es ist beeindruckend, wie die auch im weiteren Verlauf tolle Lichtregie in dieser Anfangsszene ein derart düsteres, dabei aber knackig scharfes Gefühl der Verlorenheit zu vermitteln vermag, ich fühle mich an mehrere Filmklassiker gleichzeitig erinnert. Im realen Leben mag einer in einer solchen Situation denken, das geht doch mit dem Teufel zu, hier erscheint er leibhaftig.

Hinter uns nehmen verspätet Leute Platz, die aufgrund ihrer Verspätung nicht mehr auf ihre Plätze im Parkett gelassen wurden, wohl aber leider zu uns in die Loge, die jüngeren unter ihnen tuscheln und sind noch etwas aufgeregt. Ich nehme im Augenwinkel war, wie M. sich zu ihnen umdreht und dabei den Zeigefinger auf den Mund legt, er weiß, wie man so etwas macht, danach ist nämlich Ruhe. Leider atmet mir einer der älteren ein paar Mal in den Nacken, dagegen kann selbst M. nichts machen, nach der Pause sollten diese Leute aber verschwunden sein, wahrscheinlich zu ihren eigentlichen Plätzen. In der zweiten Hälfte sollte auf einmal eine Frau vom Personal hinter uns sitzen, die sogleich einschlafen, später jedoch, wieder wach, in den Schlussminuten leise ob ihrer Egriffenheit vor sich hinschluchzen sollte.

In der Pause fragt mich ein junger Mensch, ob ich wisse, wie lange diese ginge. „Ca. 25 Minuten“, antworte ich fachmännisch wie triumphierend, da ich dies vorher irgendwo gelesen hatte.
Zuvor zog mich bereits die Drehbühne mit den darauf montierten, riesengroßen, halbrunden und dunklen Wandelementen in ihren Bann, ständig verschwinden Bühnengegenstände und erscheinen wieder, im Falle der überdimensionierten Tulpentöpfe ist letzteres nicht unbedingt von Vorteil, schnell beginnen diese, mir auf den Wecker zu fallen, zumal sie sich im weiteren Verlauf zu vermehren scheinen. Auch die Sache mit den Masken und der Puppe erscheint doch sehr abgedroschen, immerhin wird letztere in der zweiten Hälfte aber derart groß, dass sich die Akteure gezwungen sehen, ihr sämtliche Gliedmaßen herauszureißen, um wieder etwas mehr Raum auf der Bühne zu haben. Altogether habe ich also mixed Feelings bezogen auf die Bühnenbilder, einiges daran finde ich sehr gut, anderes nicht so sehr.
Als herausragendes Highlight ist Olga Peretyatko als Marguerite zu nennen. Als sie vorne am Bühnenrand eine Schmuckschatulle findet und darüber, warum auch immer, eine erste, fantastische Arie trällert, ist es um mich geschehen. Wahnsinnig gut, die Olga, tolle Olga, Tollga (jaja, ich höre ja schon auf). Auch Adam Palka als Méphistophélès kann sehr schön singen, wie wir Laien sagen, der an sich sehr gute Faust (Pavel Černoch) fällt da ein wenig ab, was sich auch im für alle Beteiligten wohlverdienten, tosenden Schlussapplaus äußert, in seinem Fall eben nicht ganz so tosend, aber er ist auch mehrere hundert Jahre alt.
Auch der Dirigent Alexander Joel habe seine Sache sehr, sehr gut gemacht, so M., ich kann ihm da nur vertrauen, da ich diese Dinge nicht so gut beurteilen kann. Und freue mich, weil ihm anscheinend gewisse Details besser gefielen, als er sie von einer Aufführung im Jahr 2011 in Erinnerung hatte.

Abschließend Café Paris, Tartar Fromage, Bordeaux, Armagnac, das machen M. und seine Begleitungen nach der Oper immer so, jetzt auch ich.
Vielen Dank für diesen wunderbaren Abend.

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Scheiße, der Raki (Nachtrag von 2021)

22.09.

Ob der Abstand von 1,50 Metern vom Hintermann eingehalten wird, lässt sich beim Anstehen im zur Flugzeugtür führenden Schlauch sehr gut überprüfen, einfach eine Fußlänge (in meinem Fall: Größe 46) zurücktreten, wenn sich dann die Fußspitze der hinter einem eingereihten Person mit der Hacke grob ertasten lässt, dann ist’s nicht weit her mit der Regeleinhaltung.
Ich habe jetzt, quasi noch zuhause und um 6 Uhr morgens, schon genug von distanzlosen Urlaubern und möchte wieder nach Hause.

In Kalamaki angekommen, werden A. und ich herzlich vom Team unserer Unterkunft empfangen, lediglich M. heißt explizit A. willkommen, mich nicht so sehr, selbst nach zweieinhalb Jahren Pause nicht. Sicher handelt es sich hierbei um den berühmt-berüchtigten griechischen Humor, ich kann mich da aber täuschen.

Abends treffen auch K. und W. im Ort ein, wir trinken (ja gut, und essen).

23.09.

K., W. und ich finden bei einem längeren Spaziergang um den Ort, der über Stock und Stein (eher: Fels und Stachelgestrüpp) führt, den unglaublichen Hulk, er ist in Wahrheit sehr klein, aus Plastik und verfügt nur noch über ein Bein.
Da es sehr windig ist, fliegt mir einmal die Kappe weg und unsere kurzbehosten Beine werden heftigst sandgestrahlt, aber wenigstens haben wir nach 13000nochwas Schritten noch jeweils beide.


Selbst seine Gehhilfe ist rostig

24.09.

Weil uns die Autovermietung bei der Ankunft den durchgelatschten Jimny nur mit einem maximal zu einem Viertel gefüllten Tank übergab, müssen wir schon tanken. Der Tankwart fragt mich, wie lange wir auf Kreta bleiben werden, ich entgegne euphorisch: „Drei Wochen, heute ist unser dritter Tag hier.“
Er findet, am Anfang eines Urlaubs ist es noch gut, gegen Ende dann nicht mehr so, weil man ja weiß, es geht bald wieder nach Hause.
Jetzt geht es mir schlecht, ich verfalle ins Grübeln, mit dieser Tatsache werde ich von nun an noch fast drei Wochen klarkommen müssen.

25.09.

A. und ich hatten erst relativ spät ein Zimmer gebucht, weshalb wir für die ersten vier Nächte nur eine Art Kellerverlies bekamen, das aber immerhin im Erdgeschoss. Der Raum besitzt keine Fenster, bis auf ein in die Eingangstür eingelassenes, vergittertes; wenn dieses geöffnet wird, können von außen alle das innenliegende Elend mitansehen. Das Badezimmer hat absurderweise Kathedralengröße und hallt auch so, zu keiner Zeit lässt sich verlässlich sagen, woher ein Ton kommt und wohin er geht, vorsicht also bei sich anbahnenden, eventuell lauter werdenden Pupsen. Die nachträglich unsymetrisch links und rechts neben dem Klo angebrachten behindertengerechten Haltegriffe versperren den Zugriff auf den Toilettenpapierhalter, weswegen die Rollen oben auf den schrägen Spülkasten gestellt wurden, von wo sie jederzeit direkt in die Schüssel abzurutschen drohen. Der Klodeckel verschiebt sich ständig, andauernd hängt man mit irgendeiner Arschbacke auf dem kalten Porzellan. In der Dusche ist die Aufhängung für den Duschkopf kaputt, aus dem das Wasser in alle erdenklichen Richtungen spritzt und die Löcher im Vorhang scheinen darauf abgestimmt zu sein, sodass es möglich ist, den Raum trotz seiner unfassbaren Größe mindestens zur Hälfte unter Wasser zu setzen.
MORGEN WERDEN WIR ENDLICH IN EIN ANDERES ZIMMER UMZIEHEN.

26.09.

WIR SIND UMGEZOGEN, so richtig touristisch kitschig in ein Zimmer mit Blick und Balkon zum Meer hin.


Ein Urlaubsabend ließe sich vermutlich kaum beschissener verbringen, aber jeder so, wie er mag

27.09.

Ich bleibe nach dem Aufwachen noch ein Weilchen im Bett liegen, lese auf dem Smartphone was von einer Wahl in Deutschland und lege es schnell wieder weg, als plötzlich alles in rührartigen Bewegungen zu wackeln beginnt. Ich denke: „Scheiße, der Raki“, aber A. wacht und springt auf und ruft begeistert: „ERDBEBEN!“

28.09.

Unser Gastwirt M. erzählt uns von den Luxury Villas, die er auf einem Hügel in der Nähe erbauen lässt und A. und ich schauen uns das mal an. Wir brattern mit dem Jimny den kurzen, aber sehr steilen geschotterten Weg zur Baustelle hoch. Direkt unterhalb von dort, wo wir das Fahrzeug abparken, befindet sich ein Paar, das seine Ferien auf einer Terrasse sitzend verbringt und nun äußerst sparsam dreinschaut, als ihm der von den Rädern erzeugte Staub in hellbraunen Wolken um die Nase weht.
Wir haben aber nur Augen für Neues, Fazit: Der Rohbau schmiegt sich sanft an den Hügel an.


Hierbei handelt es sich nicht um die Luxury Villas, zärtlich nennen wir sie die „Apart Ents“

Am Abend reihe ich mich in die Reihe der Urlauber ein, die auf der Promenade stehend Fotos vom Sonnenuntergang machen, um Fotos vom Sonnenuntergang zu machen. Ich bin dabei der einzige, der Nebengeräusche unterdrückende Kopfhörer trägt, um die hereinbrechende Dunkelheit mit der Musik von Mogwai zu zelebrieren. Was sich hervorragend für den zweiten Abstandstest dieses Urlaubs eignet, Gastwirt M. hat sich unbemerkt von mir angeschlichen und steht nun sehr nah hinter mir, weshalb ich ihm bei einer Rückwärtsbewegung meinerseits auf die Fußspitze trete, die umherstehenden und -sitzenden Urlauber giggeln sich eins.

29.09.

Als A., K., W. und ich von einem Trip aus dem Küstendorf Lentas gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang in Kalamaki eintreffen, sehen wir von Weitem M., unseren Gastwirt auf seinem Chefstuhl sitzen und er sieht irgendwie anders aus. Seine Kopfform scheint sich geändert zu haben, möglicherweise handelt es sich auch um einen anderen Menschen, der dreist auf dem Chefstuhl Platz genommen hat. Während wir touristisch die versinkende Sonne ablichten, nähert er sich und wir erkennen, er war beim Friseur. Ich versuche, ihm auf bizarre Weise ein Kompliment zu machen und behaupte, er sehe 30 Jahre jünger aus. Doch er sieht mich zweifelnd an und möchte sich erst bei A. rückversichern, ob dies wirklich stimme, sie bejaht dies, worauf er sich erleichtert zeigt und mein Duldungsaufenthalt fürs Erste gesichert zu sein scheint.

30.09.

Eine Erkältungswelle geht im Ort herum, überall sind unter den Angestellten wie Urlaubern Schniefer und Huster zu vernehmen. Zahlreiche vorgenommene Tests ergeben jedoch keine Auffälligkeiten, das wär’s jetzt noch, ein gesamtes Dorf wird unter Quarantäne gestellt oder abgeschottet. Stammgast T. jedenfalls hat sich in sein Zimmer verkrochen, ach nein, da drüben sitzt er ja und versucht draußen etwas Urlaub zu machen, dabei sieht er aber so elend aus, als müsse er sich jederzeit wieder dorthin verkriechen.
Selbstverständlich gehen einzelne Huster wie immer auf genusskettenrauchende ältere Menschen zurück, die mit beherzten, knarzigen Lauten Erstaunliches aus den Tiefen ihrer Lungen hervorbefördern.


Keine Ahnung, was da steht, aber wahrscheinlich haben wir seinen Auftritt an dieser Location verpasst

01.10.

Im nahegelegenen Dorf Vori besuchen A., K., W. und ich auf Empfehlung von Gastwirt M. eine recht neue Bäckerei und wir sollen ihm von dort irgendetwas Leckeres mitbringen, mehr Abenteuerurlaub geht heute nicht.
Die Backstube ist der Wahnsinn, alles, einfach alles sieht sensationell schmackhaft aus, am beeindruckensten erscheinen jedoch die mausförmigen, mit Mäusenase, -ohren und Schnurrhaaren versehenen, fast schwarzen Schokoladenkuchenstücke, die wir uns nicht zu essen getrauen, da wir befürchten, danach drei Tage satt zu sein.
Die Leute dort sind sehr zuvorkommend und freundlich, wir setzen uns draußen hin, trinken Kaffee und verputzen allerlei Teilchen, anschließend wird uns im Laufe des Nachmittags weiteres, frischgebackenes Zeug für umsonst auf den Tisch gestellt.
Am Abend überreichen wir M. die mitgebrachten Backwaren, er freut sich darüber wie ein Kind und wirkt so, zusammengerechnet mit dem immer noch frischen Haarschnitt, 40 Jahre jünger, also wie 5. Meine Güte, hoffentlich lässt er diesen Quatsch nie durch ein Übersetzungsprogramm laufen.

02.10.

Unsere Unterkunft besteht aus zwei Gebäuden, der Eingang zur Treppe zu dem Stockwerk mit unserem Zimmer befindet sich an dem linken, vor dem sich gestern Abend eine beachtliche Wasserlache bildete und im weiteren Verlauf zu einem See entwickelte, auf dem Bötchen ihre Runden hätten drehen können.
Heute beim Frühstück fragt uns M., ob unsere Dusche verstopft sei. Ja, das ist sie, erwidern wir und das schon seit mehreren Tagen, das Wasser läuft seitdem sehr schlecht ab.
Aufgrund des komplizierten griechischen Wasserrohrsystems sei unsere Dusche für den See verantwortlich gewesen, wir verstehen davon nichts, obwohl M. erklärt und Rohrverläufe in die Luft malt. Aber wir bekommen ein Gefühl dafür, wie mehrere Gäste gestern Abend quasi durch unsere Dusche latschten.
„I fix it“, sagt M.

Es ist stark windig, ganz besonders in der Kourtaliotiko-Schlucht, in der A., K., W. und ich mit dem Auto anhalten, um die rauhe Schroffheit der Felsen aus der Nähe zu bewundern. Es zieht und pfeift, vom Schluchteingang bis zu ihrem Ausgang flattert alles im Durchzug, Klamotten, Haare, selbst meine Ohrläppchen.
W. hält eine dieser MNS-Masken über sich und es gelingt ihm, damit für einen kurzen Moment abzuheben.


Learning to fly

03.10.

Auf einer kleinen Wanderung von Kalamaki zum Nachbarort Kamilari, wo wir in der hübschen Taverne Chrisopigi zu Abend essen möchten, entdecken K., W. und ich (A. fährt lieber direkt mit dem Jimny hin, um uns dort zu treffen) am Ortsausgang Kalamakis ein sehr kleines Babykätzchen, das sich aber sogleich vor uns unter einem großen Auto versteckt. Wir verrenken uns, um unter das Fahrzeug schauen und einen Blick auf das kleine Fellwesen erheischen zu können. Wackelig zieht es sich in das Innere des rechten Vorderrades zurück. Ein Grieche kommt vorbei und sieht uns fragend an, was wir da wohl machen, er ist der englischen Sprache kaum oder gar nicht mächtig, aber wir zeigen ihm mittels unbeholfener Gebärdensprache, wie winzig das Tier ist und wo es sich versteckt hat. Er beugt sich herunter und scheint mit dem Kopf unter dem Auto verschwinden zu wollen, wir stehen etwas verlegen daneben herum, bis wir uns verabschieden. Erst später geht uns auf, er könne angenommen haben, wir wollten mit diesem Auto wegfahren, weshalb er sich freundlicherweise um das pelzige Problem darunter kümmern wollte. Und dann gehen wir einfach zu Fuß fort, doofe Touristen, denkt er noch.

04.10.


Bewässerungssysteme, die den Blick auf die hübsche Natur trüben können, werden manchmal durch täuschend echt wirkende Landschaftsgemälde kaschiert

05.10.

Unser Badezimmer besitzt ein kleines Milchglasfenster, das zur Belüftung stets gekippt ist und direkt zum Balkon eines Nachbarapartments führt. Dort sitzt häufig eine Dame mit heftigem Raucherhusten, der sie nicht zu stören scheint, sobald ich mir aber im Bad kräftig die Nase schnaube, ruft sie: „Meine Fresse!“

Während einer kleinen Rundfahrt zieht es A., K., W. und mich zum Kaffeetrinken in die einige Einträge vorher erwähnte Bäckerei in Vori.
Dieses Mal sitzen dort drei, vier Deutsche an einem Tisch im Außenbereich, die zusammen mit dem Chef der Backstube Dosenbiere leeren. Letzterer kommt auf uns zu und bedeutet uns, uns dazuzusetzen und mitzutrinken. Wir lehnen dankend ab, wir wollen kein Bier. „Wie, ihr trinkt kein Bier?“ und „Wohl kein Bier vor vier, dabei ist’s ja schon nach vier, höhöhö“, tönt es daraufhin von den Deutschen, aber Geistreicheres ist von ihnen nun mal nicht zu erwarten.
Wir setzen uns mit Kaffeegetränken an den von den Dosenbierfreunden am weitesten entfernten Tisch und ich beobachte, wie einer von ihnen nach drinnen verschwindet, in einen Gang hinten im Raum. „Dort hinten müssen Toiletten sein“, sherlocke ich, „denn wer Bier trinkt, muss irgendwann immer aufs Klo.“
Kaffee treibt aber auch, also stehe ich nach einigen Minuten auf und erkundige mich beim Chef nach den Toiletten. Ich werde durch die Backstube geleitet, eine ältere Frau mit Haarnetz beobachtet mich argwöhnisch, während ich zwischen allerhand frischem Brot und Gebäck balanciere und dabei versuche keine Hautschuppen zu verlieren. Der Chef hält mir, während wir mitten im Raum stehen, einen Vortrag darüber, welche neuen Brotsorten sie gerade ausprobieren (auch „German style“, na gut), ich fühle mich derart fehl am Platz wie selten, außerdem droht meine Blase jeden Moment zu platzen. Irgendwann hat er ein Erbarmen und entlässt mich nach noch weiter hinten in den Bereich mit einem WC. „Sorry, it’s very unorganized“, ruft er mir hinterher.

Abends bestelle ich uns Bier an der Bar bei Jungkellner A., dessen „very best friend“ ich bin, wie er sagt, keine Ahnung, warum das jetzt wieder. Er fragt mich, ob er uns das bringen solle oder ob ich es gleich selbst mitnehmen möchte. Ich behaupte, ich nehme die Getränke selbst mit zum Platz, sobald diese fertig gezapft sind. Als er sie mir auf den Tresen stellt, sage ich: „And now please bring them to our table“ und frage mich sogleich, ob ich damit das griechische Humorverständnis nicht überstrapaziere. Ich lächle verlegen, nehme die Gläser an mich und er sagt: „You are very funny.“

06.10.

Bei Crazy George am Rand des Nachbarorts Pitsidia essen A., K., W. und ich Crazy Spaghetti, danach steigen die Mädels ins Auto, um zur Strandbar Bunga Bunga zu fahren, W. und ich beschließen zu Fuß nachzukommen. Als Crazy George, der sich je nach Lust und Laune auch Crazy Professor nennt, dies sieht, merkt er an: „Ok, the girls go to drink cocktails somewhere and the boys go somewhere else to find new girls“, worauf er den Lachanfall des Jahrhunderts bekommt, wahrscheinlich, weil er gerade den Spruch des Jahrhunderts geklopft hat. Well, I don’t know.

07.10.

Nach einem Autotrip um das Amari-Becken kehren A., K., W. und ich in Agia Galini in einer dieser Bars ein, in denen man sich so hinsetzt, dass das Gesicht nach draußen zeigt. Warum, erschließt sich mir nicht, denn wir blicken direkt auf einen Parkplatz, erst dahinter folgen Uferpromenade und Meer.

Am Abend im Barbereich unserer Unterkunft hat M. Ärger mit einem seiner neu eingetroffenen Übernachtungsgäste. Es geht um sein Zimmer, mehr kann ich aus akustischen Gründen nicht verstehen.
Später erzählt M., der Gast habe sich beschwert, weil er über ein großes Reiseunternehmen ein Zimmer mit 25 Quadratmetern mit zwei Einzelbetten gebucht habe. Worauf M. ihm erklärt habe, sie hätten lediglich vergessen, die zwei Einzelbetten quasi zum Doppelbett zusammengeschobenen auseinanderzurücken, sie würden dies morgen nachholen. Ferner habe er einen kleineren Raum bekommen als bei der Buchung angegeben, er sei nur maximal 24 Quadratmeter groß. Worauf M. ihn gefragt habe, was es denn für ihn für einen Unterschied mache, ob das Zimmer nun über 24, 25 oder 26 Quadratmeter verfüge und ob er eigentlich mit einem Maßband da durchrenne oder wie oder was. Das müsse er nicht, das sähe er als Ingenieur mit bloßem Auge, habe er erwidert, auf jeden Fall werde er aber am Ende nicht den vollen Preis für seine Unterkunft bezahlen, schließlich habe er ja weniger Platz zur Verfügung bekommen.
„Maybe you should kill him“, schlage ich vor, aber M. erwidert: „No, no.“
„I fuck him“, ergänzt er.

Abendessen bei Athivoles, am Nachbartisch bestellt einer einen überbackenen Feta und fragt den Kellner, ob der Käse wirklich vom Schaf sei. Als die Bedienung ihn verdattert ansieht, fügt der Ätztyp im belehrenden Ton hinzu: „In Deutschland ist Feta häufig nicht aus Schafs- sondern aus Kuhmilch.“
Ich entwickle milde Gewaltphantasien, die sich im Laufe des Abends intensivieren, als sich eine vorgeglüht habende Großgruppe an einen anderen Nachbartisch setzt und von nun an laut lärmend herumnervt.


Für die Statistik dieses Blogs: das Bild eines Babykätzchen

08.10.

Nachdem A., K., W. und ich von einer Völlerei in dem sehr empfehlenwerten Minirestaurant Elli’s Grillhouse in Pitsidia zurückgekehrt sind, trinken wir im Barbereich unserer Unterkunft noch einige Absackergetränke. Jungkellner A. flirtet mit einer betrunkenen Blondine in sehr kurzen Hosen und lässt sie an seinem Kellnertischchen hinter uns Platz nehmen. W. berichtet uns gerade, er sei noch nicht im Wasser gewesen, worauf sie uns von hinten schrill ankeift: „WIE, IHR WART NOCH NICHT IM WASSER?!“
Es hält sie nicht lange an dem Tischchen, sie torkelt herum und patscht distanzlos Leute an, um sich willkürlich an einem anderen Tisch hinplumpsen zu lassen, zum Glück nicht an unserem. Zwei Straßenmusiker tauchen auf und spielen einige traditionelle Weisen, die Blondine krakehlt: „UND JETZT LEGEN ALLE IHRE HANDYS WEG UND TANZEN MAL ORDENTLICH, AHAHA, KREISCH“, worauf ich mich umsehe und feststelle, aktuell hat keiner sein Smartphone in der Hand gehabt, dafür labert sie über die Gesamtdauer der musikalischen Darbietung in einer Tour. Sie kann lautstark nicht nachvollziehen, wie während des Live Acts Leute aufstehen, bezahlen und aufs Zimmer gehen (es ist eben spät), so auch wir.
Bevor ich mein Geld loswerden kann, behauptet eine andere Frau von ihrem zu zwei Dritteln ausgetrunkenen Tequila Sunrise, der habe ihr aber nicht geschmeckt und daher werde sie diesen nicht bezahlen, eine weitere, tetrapackförmige Frau steht vor mir an der Kasse und möchte mit ihrer EC-Karte bezahlen. Als auf dem Gerät die Aufforderung zur PIN-Eingabe erscheint, rührt sie sich nicht und M. wird ungeduldig: „Now, the PIN please“, sie blökt: „What do I need a PIN for?“


„Bulleten, gebraten fleisch mit gewurze, geräucherter schweinefilet, betrunken fleisch“ – all das beschreibt etliche Urlauber hier eigentlich ziemlich gut

09.10.

A. und ich fahren gerade eine abschüssige Gebirgsstraße herunter, als fünf Ziegen auftauchen und einige Meter vor uns herrennen, sie stoßen dabei biologisch abbaubare Angstköttel aus ihren wackelnden Hinterteilen aus, unser Jimny kleine graue Giftwölkchen aus seinem.

10.10.

K. und W. fliegen zurück.
Blöd.

11.10.

Die Decke in der Nasszelle schlägt Blasen, wir müssen bei uns die Dusche nicht mehr anstellen, denn wir werden bereits nass, wenn die über uns duschen.


Immerhin sieht unsere Toilette nicht SO aus


Wachhunde sind auf Kreta übrigens meistens ein Zeichen für die guten Toiletten

12.10.

Letzter vollständiger Tag. Dem fehlenden Tagebucheintrag nach zu schließen machen wir nichts.

13.10.

Bevor wir abreisen, wackelt die Insel wieder ordentlich, apokalyptische Stimmung macht sich breit. Schnell weg.

Liebe Grüße! Many Greetings! Με εκτίμηση!

 

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Tiefflieger im Naziwald

In einem Kiefernwald südöstlich der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern bauten böse Nazis vor zig Jahrzehnten Treppenhäuser, um diese nach ihrer Fertigstellung anschließend direkt mit schwerem Geschütz mehr oder weniger wieder kaputtzuballern. Was Herrenmenschen halt so machen.

M., D., A. und ich schleppen uns dorthin, einem langen, sandigen Waldweg folgend, die Hitze erdrückt uns durch ihre bleierne Schwere. Der Wald erstreckt sich in monotonem Horror vor uns, nur Kiefern, Kiefern und Kiefern, einzig ein paar Blaubeersträucher am Wegesrand stellen eine mickrige Abwechslung dar. Als ich einige der unangenehm warmen Beeren pflücke und dabei vom Weg abweiche, ruft M. mir zu, ich solle sofort, aber sofort auf den Weg zurückkehren, das sei jetzt kein Spaß. Der Grund ist, ab hier hängen an einigen Bäumen Schilder: „Munitionsbelastetes Gebiet. Lebensgefahr!“
Eingeschüchtert folge ich also weiter der staubigen Schneise, nun wage ich es nicht einmal mehr zu husten, alles könnte dadurch hochgehen. Wir halten an einem Strauch an, auf dem sich eine Libelle niedergelassen hat, D. möchte sie fotografieren. Ein großer Fehler, denn nun haben alle Insekten dieses Waldes, die stechen, beißen und sonstwie in der Lage sind, mit garstigem Mundwerkzeug die menschliche Haut zu malträtieren, genug Zeit, um sich um und auf uns zu versammeln, sie pieksen, sägen und saugen. Wir wedeln und klatschen Mücken und Bremsen weg, Blut spritzt dabei in erstaunlichem Ausmaße, alles juckt und schwillt an, der Wald ist erfüllt von widerlichem Geschmatze der schwirrenden Monster, die uns den Lebenssaft nehmen und die Libelle sieht dabei mit ihren trüben, monströsen Facettenaugen zu. Wir müssen stetig in Bewegung bleiben, um dem Vampirungeziefer weniger Möglichkeiten für den punktgenauen Angriff zu bieten. Das aber bitte auf dem Weg, sonst bumm.
Bedauerlicherweise führt jedoch zu den Naziruinen nur ein schmaler, krummer Trampelpfad mitten durch das munitionsbelastete Gebiet, ich schwitze und schwitze (vor Angst und wegen der Hitze), jederzeit kann durch einen Fehltritt ein rostiges Mordwerkzeug im Untergrund aktiviert werden. Wir sehen grässliche Ungetüme aus Beton, in eine Wand wurde, der Dimension der Delle nach zu urteilen, mit etwas sehr Großem geschossen. Wir halten uns nur kurz dort auf, wie gesagt, in Bewegung bleiben ist die Devise, auf dem Rückweg streift eine Brennnessel mein ohnehin durch Insektenstiche geplagtes Bein und danach folgt die Explosion, die juckende Schmerzexplosion. Zurück auf dem Hauptweg rast auf einmal M. an mir vorbei, verfolgt von einem aggressiven Schwarm Bremsen. Sie rennt, wedelt und schlägt um sich, es gleicht einem grotesken Hexentanz und ich, mit meiner Mütze um mich schlagend, passe meine Geschwindigkeit der ihren an, mit Grausen denke ich an die durch misslungene Naziexperimente missgebildeten und wütenden, sehr wahrscheinlich blutdürstigen Kreaturen, die in der sich in vielen Stunden anbrechenden Dunkelheit zahlreich aus den dunklen Löchern im Forstboden kriechen werden.
Irgendwie schaffen wir es alle ohne Killerinsekten ins Auto zu gelangen; am Abend sehe ich dabei zu, wie es unter meiner hühnereigroßen Schwellung am Unterarm rumort, es scheint, als bewegten sich dort die Beine eines großen Insektes, das bald von innen mein Fleisch und die Haut aufreißen wird, um Blutfontänen hinter sich versprühend über das nächste Opfer herzufallen.


Eine Arschlochwand (Symbolbild)

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