tag 1
kaum abends angekommen, heißt es auch schon: schnell zum hotel und schnell auch wieder aus dem hotel heraus, zum taxistand.
der taxifahrer hat keinen dunst, wo der club debaser ist und hält mehrfach an, um taxifahrerkollegen nach dem weg zu fragen; immerhin schaltet er das taxameter dabei aus.
bevor es ins debaser zum gehörstürzen geht, wird noch ein kleiner abstecher zur imbissbude in der nähe gemacht und dort als grundlage eine ganz ok schmeckende tunnbrödsrulle verspeist, damit einen das viele schwedische leichtöl später nicht sofort aus den socken hauen wird.
noch bevor nick oliveri and the mondo generator die bühne betreten, wird dann im club auch erstmal einiges an öl konsumiert, ein glück, ist es möglich, hier alles mit kreditkarte zu bezahlen. das publikum ist sehr ruhig. während ich früher gigs von mondo generator gesehen habe, bei denen buchstäblich jeder gegen seinen willen ob der guten musik von einer stelle zur anderen bewegt worden ist, ist man hier froh, überhaupt mal angerempelt zu werden; eher verhaltenes fußwippen ist angesagt. der auftritt ist nicht nur deshalb nicht gerade die beste vorstellung von mondo generator, geht aber schon in ordnung.
danach sehe ich von weitem („von weitem“ in einem kleinen club, wohlgemerkt) nick oliveri am merchstand stehen, wie er für ein paar kids dinge signiert, ich denke mir, „aaaalso, wenn er schon gerade da steht, kann ich auch die aktuelle cd kaufen und sie von ihm höchstpersönlich beschriften lassen“. blöd nur: als ich gerade den stand erreiche, sind die autogrammminuten von ihm bereits für beendet erklärt worden und er will gerade durch eine tür verschwinden. ich bedeute ihm aber, er solle doch mal eben hier bleiben und ich kaufe schnell die neue cd und er kann die dann ja gefälligst mal eben kurz signieren, ist ja wohl kein act, mensch, nick, altes haus, jetzt sign mir halt this, hm?! … keine ahnung mehr, was ich im einzelnen zu ihm sage, aber ich labere ihn so lange zu (völlig auf öl und in gebrochenem englisch), bis er aufgibt und mir die cd schenkt, aber lust zu unterschreiben hat er deshalb noch lange nicht. „believe me, it’s better to give you this compact disc than to give you a sign, hahaha“, sagt er. ich sage: „well, ok, hm, thank you. i better go then …“
er ruft irgendwas hinterher, von wegen, das sei jetzt so auch wieder nicht gemeint gewesen, aber da stehe ich bereits an der bar für öl an. anschließend unterhalte ich mich mit einem von den bondage fairies über wurst und es wird, mehr oder weniger im beisein von nick, weiter getankt, solange, bis die vom club generell nichts mehr ausschenken wollen und uns rausschmeißen.
tag 2
der frühstücksraum des hotels ist sehr schlicht, das frühstück an sich scheiße (der kaffee schmeckt sogar so und haut anzunehmenderweise den stärksten elch um) und die billigen tische wackeln wie bei einem erdbeben. der raum wird bewacht durch eine art aufseher, der gummihandschuhe wie aus dem operationssaal geklaut trägt und ab und zu leute anranzt, wenn sie nach dem frühstücken nicht ihr geschirr in die dafür vorgesehene durchreiche zur küche stellen. den leuten aber, die letzteres brav tun, nimmt er kurz vor erreichen der durchreiche doch die sachen ab, schließlich will er seine gummihandschuhe nicht umsonst übergestreift wissen. ansonsten geht er uns mit seiner penetranten marschiererei durch die tischreihen auf die nerven; hier werden wir nie wieder frühstücken. einziges pro: auf dem flachbild-tv an der wand läuft im schwedischen fernsehen, passend zu dieser szenarie, „autobahn“, ein deutscher beitrag über, jajajaja, autobahnen. auf deutsch, versteht sich, ist schweden doch eines dieser länder, in denen man filme und grunddeutsche autobahnfernsehbeiträge meistens nicht synchronisiert. in den schwedischen untertiteln sind mehrfach die worte „hitler“ und „fick“ zu lesen.
später geht’s stundenlang durch die stadt, immer vorbei an palästen, regierungsgebäuden und zu groß geratenen wasserpfützen.
in einem supermarkt gelingt es mir, beim bezahlen mit meiner ec-karte verwirrung und völliges chaos zu stiften. in diesem schwedischen coop hat alles seine ordnung: zahlt man mit scheinen, kommen diese je nach größe in unterschiedliche schächte des scheinautomaten, die münzen werden in eine art blechspardose mit digitalanzeige und rückgabeschacht gesteckt und zahlt man als ausländer mit einer ec-karte ist man trotz personalausweisdatenabgleich gleich dermaßen angearscht, es funktioniert nämlich einfach nicht. ich zahle dann also doch in bar, leider ist mein schein zu zerknittert und der dafür vorgesehene automat hat längere zeit schwer damit zu kämpfen und die schlange hinter mir wird länger und länger, während ich das schwedische coop-system auf diese weise kaputt ficke … es hagelt strafende blicke von der kassiererin, die allerdings möglicherweise auch nur komplett unfähig ist.
ansonsten keine besonderen vorkommnisse; abends steak, medium.
tag 3
wir sehen uns das große segelschiff an, um welches sie eigens dafür das vasa-museum drum herum gebaut haben. das ist beeindruckend und dieses gewisse das-leben-damals-muss-so-richtig-übel-gewesen-sein-vor-allem-an-bord-gefühl kommt ganz gut rüber. beim anblick des hauptmastes wird mir schwindlig, dabei ist das, was noch davon übrig ist, nicht einmal mehr halb so hoch, wie es damals war.
später in der stadt gibt es erneut eine tunnbrödsrulla, leider schmeckt diesmal der kartoffelbrei ranzig und ich verspüre einen leichten würgreiz. was aber natürlich nichts ist, was im vergleich dazu schiffsleute von damals essen mussten, bevor ihnen der schädel gespalten wurde, sie mit kanonenkugeln beworfen wurden oder sie sonstwie draufgingen (bevor sie zu allem überfluss ertranken).
abends in einer bar fällt mir eine von ca. drei auf meinem tellerchen vorhandenen, aber wohlschmeckenden gnocchi von meiner gabel in eine auf dem boden stehenden handtasche einer neben mir sitzenden frau. ach nein, doch nicht, da liegt sie auf dem boden, unmittelbar neben der tasche und ich versuche, den teigklumpen unauffällig mit meinem fuß nach hinten unter die sitzbank zu befördern.
nach einigem öl muss ich mal aufs klo gehen. vor mir ist bereits jemand richtung toilette verschwunden, ich gehe ihm einfach nach und werde dabei schräg von leuten am tresen angeschaut. ich öffne eine tür und habe direkt vor der nase eine weitere, die scheißhaustür, die aber abgeschlossen ist. ansonsten kann ich keine weitere tür entdecken, also ziehe ich mich aus diesem entsetzlich kleinen, muffigen vorraum wieder zurück und frage einen grinsenden, mich fixierenden menschen, typ breiter, bärtiger wikinger, ob das tatsächlich das einzige klo in diesem laden sei. er meint: „yes. but it’s better to have just one toilet than no one, HARRHARRHARRH“.
ich antworte: „HARRHARRHARRH“ und nach einigem where do you come from und blablabla wird das klo endlich frei und der wikinger entlässt mich, nicht ohne vorher mit seiner riesenpranke freundschaftlich beinahe meine schulter gebrochen zu haben. damals, zu zeiten, in denen noch schiffe unterwegs waren, wie wir heute eins im museum gesehen haben (oder womöglich noch früher), wäre die rollenverteilung wie folgt gewesen: er wäre der schädelspalter und ich der zu schädelspaltende gewesen.
tag 4
nach einer erneuten stadtbesichtigung, diesmal unter der kompetenten führung von s., platzen wir in eine temporäre austellung in stockholms stadsmuseum mit dem vielversprechenden titel „döden dö“ (oder wie wir deutschen sagen „schurlie dei“). dort wurde zum thema tod, mord und freitod alles mögliche zusammengetragen, das aber nicht besonders clever. so finden sich neben ein paar tollen prunkstücken wie einer guillotine und anderem echten mordwerkzeugs kaum andere dinge wie abschiedsbriefe von teenagern (sinngemäß: „ich finde curt cobain gaaaanz toll“), briefe mit ganz allgemeinen gedanken zum tod und, eh, nirvana-platten. vermutlich hat der leichenbestatter in dem videofilmchen in einem raum auch nirvana gehört oder gar, ganz wüst, heavy metal; ich habe mir das nicht angesehen.
ganz fantastisch aber, wenn wir gerade schon klischees durchkauen, der stammbaum des „sich schon immer bevorzugt mit dem tod auseinandersetzenden“ heavy metals, mit all seinen untersparten wie „aggro metal“, „funeral doom metal“, „nu metal“ und „nü metal“, „blackened thrash metal“ usw.
untersparten also, wie wir sie schon seit jahren kennen und lieben, ja, mindestens mit ihnen vertraut sind.
ansonsten keine besonderen vorkommnisse; abends steak, medium.
tag 5 – 7
nein, keine lust mehr und außerdem, wo kommen wir denn hin, wenn dieser herrlich lückenhafte blog hier zum vollständigen reisetagebuchblog verkommt.
nur so viel noch: vielen dank an die schmetterlinge und vor allem auch an s. & m. (hihi, pruhust), war schön, das alles.